Warnstreiks in der Stahlindustrie

■ IGM fordert 35–Stunden–Woche und fünf Prozent mehr Lohn / Rheinhausener Brücke besetzt und umbenannt / Thyssen VK–Leiter: Tarifrunde mit Kampf um Rheinhausen zusammenbringen

Aus Duisburg Walter Jakobs

Rund 41.000 Beschäftigte der gesamten Stahlindustrie haben am Mittwoch mit mehrstündigen Warnstreiks die 5. Tarifverhandlungsrunde der Stahlbranche begleitet. In Rheinhausen tauften Betriebsräte von Hoesch und Krupp unter dem Beifall von etwa 5.000 Menschen die Rheinhausener Brücke, die erneut für mehrere Stunden lang blockiert war, in „Brücke der Solidarität“. Willy Schmotz, Ortsbevolmächtiogter der IGM in Duisburg, forderte die Stahlarbeitgeber auf „endlich ein akzeptables Angebot zu machen, bevor der Kampf härter wird“. Eine schärfere Gangart hatten in der letzten Woche während einer Konferenz mehrere tausend betriebliche Funktionäre von der eigenen IG–Metall–Führung verlangt. Bei einer gegen den Willen der IG–MetallFührung spontan durchgeführten Abstimmung hatten nahezu 100 Einleitung der Urabstimmung verlangt. Der Vorsitzende der Vertrauenskörperleitung von Thyssen–Hamborn (30.000 Beschäftigte), Günther Spahn, forderte eine Verbindung des Tarifkampfes mit dem Kampf um die Standorte. Eine „vernünftige Lösung“, so Spahn, sei mit den Stahlbossen nicht zu erreichen. Deshalb müßte die Stahlindustrie vergesellschaftet werden. „Beharrlichkeit ist die Macht der Rheinhausener“, diese Losung prangte am Mittwoch überall in dem Duisburger Vorort an den Plakatwänden. Bei den Diskussionen der Stahlkocher von Krupp mit den Kollegen von Mannesmann, die das Krupp–Werk nach der Brückenbesetzung besichtigten, wurde deutlich, daß bei vielen die Hoffnung schwindet, „daß es noch eine Chance gibt“. „Wir müssen die Initiative durch Arbeitsniederlegungen wieder an uns reißen“, sagte ein Schmelzer, aber es sei „schwer, dafür jetzt eine breite Basis zu finden“. Der Betriebsrat setzt weiter auf die „flexible Taktik“ und hält einen massiven Streik derzeit für nicht angemessen. Unterdessen hat der Rheinhausener Krupp–Direktor und CDU–Landtagsabgeordnete von Unger gefordert, die Lasten auf alle Standorte zu verteilen. Von Unger hält es für „volkswirtschaftlich abträglich“, Rheinhausen zu schließen und schlägt die Verlagerung der „Flüssigphase“ der Hoesch Stahlerzeugung von Dortmund nach Rheinhausen vor.