Mega–Chips in Conti–Schicht

■ Konflikt um Arbeitszeit bei IBM–Sindelfingen / Sonntagsarbeit in „menschlicher Währung“ gezahlt / Betriebsrat will über Arbeitszeit verhandeln / IG–Metall fordert dessen Rücktritt

Berlin (taz) - Im Sindelfinger Werk des Computerherstellers IBM ist ein Konflikt um die Arbeitszeit ausgebrochen. Die IG Metall will verhindern, daß für rund 400 von 1.200 Beschäftigten der Halbleiterfertigung die sogenannte „Conti–Schicht“ eingeführt wird, das heißt eine durchgehende Betriebsnutzungszeit über 24 Stunden und auch über das Wochende mit entsprechenden Schichtplänen für die Mitarbeiter. Die IG Metall lehnt dagegen insbesondere Sonntagsarbeit ab. Bei der Auseinandersetzung mit dem Computer–Multi wird die Gewerkschaft von den Kirchen unterstützt. Der katholische Betriebsseelsorger Paul Schobel wirft IBM vor, „moralisch versagt“ zu haben. Der Preis für die Sonntagsarbeit müsse „in menschlicher Währung bezahlt werden“. Ein Vertreter der evangelischen Kirche sprach sich gegen eine Zerstörung der „kollektiven Ruhezeit“ aus. Der Stuttgarter Bevollmächtigte der IG Metall, Ludwig Kemeth, ist der Meinung, der von IBM angestrebte Schichtbetrieb rund um die Uhr sei aus gewerbe– und tarifrechtlichen Gründen nicht zulässig. Sonntagsarbeit sei nur dann erlaubt, wenn es dafür eine technische oder wirtschaftliche Notwendigkeit gebe. Die Geschäftsführung von IBM sah diese Notwendigkeit dadurch gegeben, daß das Ab– und Anstellen der Produktionsanlage nach dem Wochenende bis zu zehn Stunden Rüstzeit beanspruche. Die Produktionsausweitung soll mittels einer Betriebsvereinbarung abgesichert werden. Danach sollen Nacht– und Sonntagsarbeit auf freiwilliger Basis eingeführt werden. Mit knapper Mehrheit hatte der Betriebsrat beschlossen, darüber zu verhandeln. Kemeth warf dem Betriebsrat vor, mit dieser Entscheidung die Interessen der Arbeitnehmer zu verletzen, und forderte dessen Rücktritt. 91 Prozent der Beschäftigten hätten sich gegen die Einführung von Sonntagsarbeit ausgesprochen. marke