Rüffel für den Papst

■ Die Jesuiten legen sich mit Johannes Paul II. an

Mit der Vorstellung einer umfangreichen Studie über das vor 25 Jahren eröffnete II. Vatikanische Konzil haben die Jesuiten, seit Jahren in gespanntem Verhältnis zu Johannes Paul II, nun allem Anschein nach beschlossen, dem Papst den offenen Krieg zu erklären.

In der mit „II. Vaticanum: Bilanz und Perspektiven“ überschriebenen Untersuchung kommen die drei daran beteiligten Jesuiten-Universitäten (die Gregoriana, das Bibel-Institut und das Ost-Institut) zu dem Ergebnis, „daß in weiten Kreisen der Kirche das Konzil schon in Vergessenheit geraten ist“ und warnen vor dem „Versuch, die historische Entwicklung auslöschen zu wollen“. Wie genau die Jesuiten auf den derzeitgen Papst zielen, zeigten die Reden zur Vorstellung des von insgesamt 56 Jesuiten und 12 dazugezogenenen „Ordensfremden“ erarbeiteten Werks: So wies z. B. Rene Latourelle, Professor der römischen Gregoriana-Universität, ausdrücklich darauf hin, daß „die vom Konzil eindeutig beschlossene episkopale Kollegialität, d. h. die volle Mitbestimmung der Bischöfe ebenso wie des Kirchenvolks, bisher überhaupt nicht vorangekommen ist“ – ein böser Rüffel für die autokratische Herrschaftsform Johannes Pauls II. und seiner derzeitigen Kurie.

Kommentare und Stellungnahmen des Heiligen Stuhls zu dem Frontalangriff auf die Restaurationspolitik des Vatikans stehen noch aus. Werner Raith