Großbritanniens Liberale schaffen sich ab

Das zähe Revirement in der politischen Mitte Großbritanniens scheint abgeschlossen. Nachdem die rund 2.500 Delegierten des Liberalen Sonderparteitags am Samstag mit 80 Prozent der Stimmen für eine Vereinigung mit der Sozialdemokratischen Partei votiert haben, ist die Gründung der „Sozialdemokratischen und Liberalen Partei Großbritanniens“ nur noch Formsache. Das „Ja“ der Sozialdemokraten auf ihrem Parteitag scheint ebenso gesichert wie das anschließende Votum aller Mitglieder beider Alt–Parteien für die neue Partei. Lediglich eine kleine Minderheit an der liberalen Basis sprach sich gegen die Vereinigung mit den Sozialdemokraten aus. Diese Erz–Liberalen warfen der Parteiführung unter David Steel den Ausverkauf liberaler Grundwerte vor. In der Tat tragen sowohl die Verfassung als auch die Politikrichtlinien der neuen Partei vor allem in Rüstungs– und Atompolitik die rechtslastige Handschrift der Sozialdemokraten. Angst vor neuen Spaltungen und die Furcht vor politischer Einflußlosigkeit entschieden schließlich die Abstimmung. Eine radikale Alternative zum Thatcherismus der Konservativen ist von der neuen „dritten Kraft“ in der politischen Landschaft Großbritanniens jedenfalls nicht zu erwarten. Rolf Paasch