Wer wird neuer „Eddie“ bei der Tagesschau?

Personenkarussell nach Grubers Weggang zum Deutschlandfunk / Erwartet wird eine schnell ins Tiefschwarze treffende Entscheidung  ■ Aus Hamburg Reiner Scholz

Es soll alles ganz schnell gehen, hört man aus der Abteilung Fernsehen des NDR in Hamburg-Lokstedt. Die Entscheidung, wer denn nun die Nachfolge Edmund Grubers (51) als Chef von Tagesschau und Tagesthemen, kurz: von ARD-aktuell, antritt, soll bereits beim nächsten Intendantentreffen am 2.Februar in Stuttgart auf den Weg gebracht werden.

„Es wird wohl wieder ein Bayer werden“, heißt es aus Redaktion und Chefetage in Hamburg. In der Tat verlangt das komplizierte, bundesweit geschnürte Fernseh- Chef-Proporz-Paket am ehesten eine solche Lösung, will es nicht aus seiner bisherigen Balance geraten. So wird, nachdem der stramm rechte ehemalige Münchener Report-Chef Günther von Lojewski sich bei BR-Intendant Reinhold Vöth über Personalia schwer in die Nesseln gesetzt hat, Gerhard Fuchs vom Bayerischen Rundfunk als aussichtsreichster Kandidat gehandelt. Als in diesem Bereich noch rotiert wurde, hatte Fuchs die Tagesthemen moderiert, und nun wartet er als unausgelasteter Subdirektor auf höhere Aufgaben. Ihn, der im bayerischen Regionalprogramm agiert, könnte die Hamburger Redaktion überdies besser akzeptieren als Lojewski. Doch die Redaktion hat bekanntlich ohnehin nichts zu sagen. Das hat sie allerdings nicht daran gehindert, am Freitag vor einer Woche Edmund Grubers Abgang gebührend zu feiern. Mit den Worten: „Ich bin doch nicht Barschel, ich halte mein Ehrenwort“, löste ein Kollege sein lange gegebenes Versprechen ein und spendierte auf die neue Freiheit etliche Liter Bier.

Doch haben bereits viele ehemalige Kollegen, bei denen er im Wort stand, den Gruberschen Sender verlassen. Der Noch-Chef Gruber, der gerade seine letzten Telefonate in Lokstedt führt und am 1.April in Köln beim Deutschlandfunk als Intendant anfängt, hatte durch eine geschickte Personalpolitik die Redaktion völlig umstrukturiert. Er unterteilte sie in Planungs- und Senderedaktion, ließ letztere vorzugsweise die Länge der überspielten Beiträge mit der Stoppuhr messen und besetzte die aufgewertete Planungsredaktion vor allem mit Neuankömmlingen und Journalisten seiner politischen Kragenweite.

Bis zur Wahl des neuen ARD- aktuell-Chefs leitet nun sein bisheriger Stellvertreter Heiko Eng elkes (54) die Redaktion. „Ich hatte mir gesagt, fünf Jahre sind genug, doch wenn man mich fragen würde, ob ich den Chefposten übernehme, würde ich mir das noch einmal überlegen“, bringt er sich sensibel ins Spiel um die Nachfolge. Doch stehen seine Chancen schlecht. Die Redaktion würde ihn wohl akzeptieren, obwohl er nie gegen Gruber aufmuckte. Doch Engelkes gilt, warum auch immer, als ein auf diesem Posten nicht zu akzeptierender SPD-Mann. Würde er aufrücken, dann nur im Austausch beispielsweise gegen den Sozialdemokraten Martin Schulze, der derzeit die Polit-Magazin-Koordinationsstelle der ARD leitet.

So müssen die Günstlinge der CSU eher noch mit einer Gegenkandidatur aus dem Spektrum ihrer christlichen Schwesterpartei rechnen. Immer wieder genannt wird die derzeitige NDR-Chefredakteurin Ulrike Wolf, die im Norden eine Blitzkarriere machte, nachdem Ex-Intendant Räuker sie entdeckt hatte. Ohne durch herausragende journalistische Leistungen brilliert zu haben, stieg sie von der Nachrichtenkollegin über die „Chefin der Zulieferredaktion“ zur NDR-Chefredakteurin auf. Doch ist ihr ohnehin blasser Stern im Sinken, weil sie in der Barschel-Berichterstattung bis zum bitteren Ende aufs „Ehrenwort“ setzte und ihr darüberhinaus angekreidet wird, den NDR nicht oft genug in die aktuelle Brennpunkte-Sendung gepuscht zu haben. So ist seit neuestem der Kieler Funkhauschef Henning Röhl im Gespräch, der seinem Regionalsender seit 1983 vorsteht und dessen Vertrag ohnehin demnächst ausläuft. Doch ist ungewiß, ob sich die anderen ARD-Anstalten für einen NDR- Kandidaten erwärmen können, da doch der gesamte journalistische Mittelbau aus diesem Bereich kommt. Gut sind übrigens die Chancen des Fernsehpublikums, die Umstrukturierung auch optisch mitzubekommen. Neben den Verträgen für Gruber und seinen Stellvertreter Engelkes läuft auch die Amtszeit für die wächserne Sigrid Christiansen und den alerten Joachim Friedrichs ab. Ob Friedrichs nun seiner in die Millionen gehenden Zuschauergemeinde unter einem neuen Rechtsaußen weiterhin jede zweite Woche so nett „einen guten Abend“ wünscht, ist mehr als fraglich. Er habe unter Gruber bereits sehr gelitten, berichten seine Redaktionskollegen.