Purzelbäume auf der Rechten

Italiens Neofaschisten vor der Spaltung / Flügel tief zerstritten / Starke Sprüche ersetzen schlüssige Konzepte zum Wählerfang / Suche nach Bündnispartnern  ■ Aus Rom Werner Raith

Eine klare Spaltung kennzeichnete die Neuwahl ins Präsidium des Zentralkomitees der italienischen Neofaschisten „Movimento Sociale Italiano / Destra Nazionale“ (MSI/DN). Nachdem am Samstag der vom neuen Generalsekretariat vorgeschlagene Altfaschist Pino Romualdi gegen den ebenfalls schon recht betagten, in den USA geborenen Nostalgie-Faschisten Franco Servello durchgefallen war, bekam auch der eilig wieder aktivierte vormalige Generalsekretär Giorgio Almirante nur eine knappe Mehrheit als Präsident des ZK.

Nach einem seit Jahren kontinuierlichen Niedergang bei Wahlen sieht sich die Partei ohne rechte Zukunftsperspektiven. Der von Almirante mühsam mit knapper Mehrheit vor vier Wochen durch gesetzte 35jährige Generalsekretär Gianfranco Fini hält sich nur mit ideologischen Purzelbäumen. So erklärte er einerseits den Mussolini-Faschismus zum „allenfalls noch historischen Bezugspunkt“, der ansonsten „zu den Akten gelegt“ sei, und bemüht sich um Allianzen mit Katholiken, mit denen er den Kampf gegen die Abtreibung führen will, und den Arbeitslosen, denen er „Italianisierung der Arbeitswelt“ verspricht. Verprellen will er aber andererseits auch die alten Kämpfer nicht, und so reklamiert er schnell wieder „das Recht, sich auf den Faschismus als das Beste für Italien überhaupt“ zu beziehen. Sein neugewählter Widerpart Servello wiederum hat mit Allianzen, zu wem auch immer, nichts am Hut – „alle Antworten auf die Fragen unserer Gesellschaft findet man im Faschismus selbst“.

Auf dem entgegengesetzten Flügel rühren sich die Kämpen des Gründers der oftmals in konkreten Attentatsverdacht geratenen „Ordine nuovo“. Pino Rauti (62) strebt einen Nationalsozialismus nach Art des Strasser-Flügels der deutschen NSDAP an und will „tief in die Klientel der Kommunisten einbrechen“. Rauti, stets umgeben von seinen Schlägertrupps (die beim letzten Nationalkongreß auch kräftig gegen parteiinterne Widersacher zugriffen), definiert denn auch die neue Führungsspitze des MSI/DN als „geführt von einem unreifen Bürschchen, das umgeben ist von alten Männern“. Als Vorstufe zur endgültigen Spaltung hat Rauti noch in der Nacht zum Montag die Gründung eines eigenen „Koordinationsstabes“ angekündigt: „Mit den zahnlosen alten Keifern geht es nicht mehr weiter.“