NUKEM findet Urangeschäfte mit Südafrika „in Ordnung“

■ Vorvertrag der NUKEM-Luxemburg zur Lieferung von Uranhexafluorid nach Südafrika bestätigt / Heute nachmittag aktuelle Debatte im luxemburgischen Parlament

Berlin (taz) – Der luxemburgische Regierungschef Jacques Santer hat angekündigt, die Vorgänge um die NUKEM-Tochter NUKEM-Luxemburg (NULUX) untersuchen zu lassen. NULUX hatte, wie die taz am Samstag berichtete, mit der französischen Energiegesellschaft EDF im Januar 1979 einen Vorvertrag über die Lieferung von 3.745 Tonnen Uranhexafluorid nach Südafrika abgeschlossen. Dieser Vorvertrag war der luxemburgischen Staatsanwaltschaft übergeben worden, die seitdem gegen NULUX ermittelt.

In seiner Erklärung blieb der luxemburgische Regierungschef ansonsten vorsichtig. Beweise für eine Verletzung des Atomwaffensperrvertrages durch NULUX lägen nicht vor, und aufgrund der Bilanzprüfungen ließen sich illegale Geschäfte nicht nachweisen. Santer teilte weiter mit, daß NULUX eine Handelsermächtigung vom August 1975 besitze. Die Firma sei für die „Beratung und Durchführung von Vermittlungsgeschäften im nuklearen Brennstoffkreislauf“ zuständig.

Heute nachmittag wird im luxemburgischen Parlament eine aktuelle Debatte über NULUX stattfinden. Zuvor wird die luxemburgische Regierung nochmals eine Erklärung abgeben.

Daß ein Urangeschäft mit Südafrika tatsächlich zustandegekommen ist, wird von der Hanauer Muttergesellschaft bestritten. Firmensprecher Coloun sagte gestern, es habe sich lediglich um einen Vorvertrag gehandelt. Doch selbst wenn das Geschäft zustande gekommen wäre, wäre es, so Colhoun, „völlig in Ordnung gegangen, von Proliferation kann da keine Rede sein“.

Uranhexafluorid ist das Ausgangsmaterial für Kernbrennstoffe. Es enthält Uran 235 in einem – natürlichen – Anteil von O,7 Prozent. Für die Weiterverarbeitung in Kernbrennstoff muß es auf 3 Prozent angereichert werden, für Atomwaffen sind weit höhere Anreicherungen von üblicherweise mehr als 90 Prozent notwendig. Südafrika besitzt eine eigene Urananreicherungsanlage, es verfügt auch über große Uranvorkommen, besaß aber 1979 nur eine Pilotanlage für die Verarbeitung von Uran in Uranhexafluorid und war deshalb auf die Einfuhr angewiesen.

Grundsätzlich hat die NUKEM keine moralischen und rechtlichen Bedenken, Urangeschäfte mit Südafrika abzuwickeln. Firmensprecher Colhoun: „Große Prozentsätze unseres Urans kommen ja aus Südafrika.“ Im übrigen liefen solche Geschäfte auch unter der Kontrolle von Dritt-Organisationen.

Aus einem Anhang zum Vertragstext, der der taz vorliegt, geht tatsächlich hervor, daß auch die Euratom den Vertrag gegenzeichnen sollte. NULUX schlug deshalb der EDF vor, daß eigens dafür ein Passus in den Vertragstext hinein müsse, in dem ausdrücklich darauf hingewiesen wird, daß das Geschäft „ausschließlich der Entwicklung der friedlichen Nutzung der Kernenergie“ diene.

Ein anderer Passus des Vorvertrages macht indes deutlich, daß das Urangeschäft auch für die NUKEM kein üblicher Handel war. Unter Punkt 2.1 wird aufgeführt, daß das Geschäft aus unterschiedlichen Gründen platzen könnte. Einer dieser Gründe: „Die Verweigerung der Ausfuhrgenehmigung durch Frankreich.“

Ein anderer: „Embargo auf alle Nuklearprodukte“, die nach Südafrika exportiert werden sollen. Südafrika wird in dem Vertragstext allerdings nicht direkt genannt. Es ist nur von einem „Land“ die Rede. man