FJS im Homeland der Apartheid

■ Strauß spielte nicht Vermittler, sondern warb für die internationale Anerkennung von Bophuthatswana

Wer die Reise von Franz-Josef Strauß kritisiert, so tönte am Wochenende der Bayernkurier, „attackiert damit gleichzeitig die Südafrika-Politik des Bundeskanzlers“. Ob der Neben-Außenminister sich auch nach seiner Reise noch auf Helmut Kohl berufen kann, wird sich zeigen. Denn den vollmundigen Ankündigungen, er werde im Konflikt um Mosambik vermitteln, wurde er keineswegs gerecht. Statt dessen forderte er, das Südafrika-Anhängsel Bophuthatswana international anzuerkennen.

Sonntag mittag, 34 Grad im Schatten. Auf dem gottverlassenen Flughafen von Mmabatho, der Haupstadt des von Südafrika als unabhängig erklärten Staates Bophuthatswana, flattert die schwarz-rot-goldene Fahne im heißen Wind. Andächtig lauscht man den Tönen der bundesdeutschen Hymne. Dann bellt der Leutnant seinen Befehl an die Ehrengarde: „Presenteer Geweer!“ Zack-zack gehorchen die schwarzen Soldaten. Ein Tusch, und die Begrüßungszeremonie ist beendet. „Es war mir eine große Ehre“, bedankt sich Franz-Josef Strauß, bayerischer Ministerpräsident, CSU-Vorsitzender und Homeland-Freund bei seinem Nachbarn, dem weißen Generalmajor Hennie Turner. Die Befehle werden in der burischen Sprache Afrikaans erteilt. Turner, der Leiter der Streitkräfte, ist vom großen Bruder Südafrika hierher sekundiert worden: Es bleibt kein Zweifel, wem Bophuthatswana seine „Unabhängigkeit“ zu verdanken hat, wie weit die „Selbstverwaltung“ reicht. Doch genau diese „Unabhängigkeit“ will Strauß international anerkannt wissen.

Eine BMW- und Mercedeskolonne bringt Strauß in die Hauptstadt seines Lieblingshomelands. Mit Blaulicht rasen die Karossen an den ärmlichen Hütten vorbei. An jeder Kreuzung sorgen Polizisten dafür, daß weder Eselskarren noch neugierige Zuschauer die Straße versperren. Ohne gefragt zu werden, wurde diese Bevölkerung aus Südafrika ausgebürgert und hat sich nun mit dem korrupten, autoritären Homeland-Regime abzufinden.

Wie die gesamte Hauptstadt ist auch Garona, der Regierungskomplex von Bophuthatswana, in den letzten zehn Jahren mitten im Busch aus dem Nichts entstanden. Hier sind noch drei Wachposten, eine Wendeltreppe und ein Labyrinth von Gängen zu passieren, bis Strauß endlich im hermetisch ab gesicherten Kabinettsraum von seinem Freund, Präsident Lucas Mangope von Pretorias Gnaden, empfangen wird. „Worüber werden Sie heute sprechen?“ frage ich den CSU-Besucher. „Sicher nicht über den Walfischfang in Grönland“, schnappt er zurück. Dann werden die Journalisten vor die Tür gesetzt. Vor der Tür warten die Leibwächter.

„Dr. Strauß ist der ranghöchste internationale Politiker, der je einen der unabhängigen nationalen Staaten besucht hat“, berichtete am Abend das südafrikanische Staatsfernsehen SABC mit Genugtuung. SABC bietet „seiner Exzellenz Doktor Franz-Josef Strauß“, wie der Ehrendoktor unter Auslassung des „honoris causa“ im offiziellen Programm heißt, Hofberichterstattung. Vor seiner Abreise nach Bophuthatswana hatte Strauß sich am Sonntag vormittag „an einem geheimen Ort in der Kalahari“ mit Jonas Savimbi getroffen, dem Führer der angolanischen UNITA-Rebellen. SABC durfte dabei sein und die offizielle Version der Ereignisse an die Weltöffentlichkeit bringen. Strauß im Safari-Anzug, begleitet von Savimbi in kragenloser Mao- Jacke. Auch der südafrikanische Außenminister Pik Botha, der das vermittelt hatte, war dabei. Diskutiert wurde, so SABC, ein regionaler Friedensplan für Angola und Namibia. „Dr. Strauß war vor kurzem in Moskau und hat immer noch Kontakt zu den Russen“, sagte Savimbi. „Deshalb haben wir jetzt die Möglichkeit, über die Deutschen unsere Botschaft an die Russen zu schicken, daß wir bereit sind, uns einem Friedensplan anzuschließen.“ Savimbi sprach auch von seiner alten Freundschaft mit Strauß. Immerhin habe die UNITA auch in München ein Büro.

Eine Friedensinitiative Angola/Namibia, Vermittlung bei den Auseinandersetzungen in Mosambik: Strauß hat sich Einiges vorgenommen. Womöglich will er auch noch bei der Lösung der Apartheid-Problematik behilflich sein. Am Wochenende wurde gar berichtet, er habe eine Botschaft von Michail Gorbatschow für Pieter W. Botha, den südafrikanischen Staatspräsidenten, aus Moskau mitgebracht. Nun soll er seine Beziehungen zu Moskau im Interesse der UNITA nutzen.

Auf einer Pressekonferenz gestern in Kapstadt sagte Strauß, er habe den sowjetischen Außenminister Eduard Schewardnadse ge fragt, welche Lösung der Kreml für die Konflikte im südlichen Afrika – und vor allem für den angolanischen Bürgerkrieg – wünsche. Schewardnadse habe erklärt, Moskau akzeptiere eine Lösung, die den Frieden garantiere und von allen betroffenen Parteien gebilligt werde. Er schien mir überzeugt, daß keines der beiden Lager in Angola einen militärischen Sieg erringen könne, fügte Strauß hinzu.

Offen bleibt, was Strauß tatsächlich erreichen kann. Wenn er, Pik Botha und Savimbi sich in der Kalahari-Wüste an einen Tisch setzen, dann sind sie, als rechte Politiker seit langem miteinander befreundet, unter sich. Wo UNO und die Kontaktgruppe fünf westlicher Länder (Bundesrepublik, Frankreich, Großbritannien, USA, Kanada) in jahrelangen diplomatischen Bemühungen erfolglos waren, werden rechte Männerfreunde an einem Wochenende kaum mehr erreichen. Schließlich drängt die UNITA seit langem auf Verhandlungen mit der linken angolanischen Regierung. Das weiß Gorbatschow auch ohne bayerische Vermittlung.

Eine Lösung ist in Mosambik nur möglich, wenn die rechten RENAMO-Rebellen ausgeschaltet werden. Südafrika könnte, wenn es nur wollte, der RENAMO das Leben schwer machen. Beispielsweise durch das Abschnei den von Versorgungslinien der RENAMO oder die Stationierung von privaten Sicherheitsleuten zur Bewachung der Hochspannungsleitung zum Wasserkraftwerk Cahora Bassa und entlang der Bahnlinie von Südafrika nach Maputo. Aber so aktiv will Südafrika nicht werden. Da hilft auch das Ansehen des Bayern-Chefs in Pretoria nichts. Für Strauß blieb übrig, sich mit dem mosambikanischen Verteidigungsminister über die RENAMO-Verbindungen rechter Kreise in der BRD zu streiten.

Zur Abschaffung der Apartheid kann Strauß indessen kaum beitragen. P.W. Botha mag ihn strahlend empfangen wie keinen anderen internationalen Gast. Doch in der Opposition ist Strauß nicht willkommen. Winnie Mandela nennt ihn eine „Null“, der oppositionelle Dachverband Vereinigte Demokratische Front (UDF) verurteilt seine Reise, Kirchen und Gewerkschaften weigern sich, ihn zu treffen – nicht einmal auf einem Empfang des Bonner Botschafters wollen sie ihn sehen. Wenn Strauß, wie geschehen, dann noch zur internationalen Anerkennung von Bophuthatswana aufruft, dann sind alle Türen zur Opposition endgültig zu.

Derweil sorgt der Bayer innerhalb der Bonner Koalition erneut für Konflikte. Außenminister Hans-Dietrich Genscher hat eigene Pläne für eine neue Initiative im südlichen Afrika. Strauß mischt nun auf eigene Faust mit. Genscher setzt auf bundesdeutsche Hilfe für die Frontstaaten als Alternative zu Sanktionen gegen Südafrika, damit soll die wirtschaftliche Abhängigkeit dieser Staaten von Südafrika reduziert werden. Strauß hingegen reist nach Südafrika und betont, daß es ein Wunschtraum sei, von der wirtschaftlichen Unabhängigkeit der Frontstaaten zu sprechen. „Ich verstehe mehr von Südafrika als das gesamte Auswärtige Amt“, rühmt er sich selbst. Bleibt zu fragen, wo Helmut Kohl in diesem Streit steht. Immerhin gab er der Strauß-Reise ausdrücklich seinen Segen. Hans Brandt