„Wir trauen weder Ortega noch Reagan“

Contra-Hilfe: Die Demokraten haben Entscheidungsschwierigkeiten / Anfang Februar steht der US-Kongreß vor der entscheidenden Abstimmung / Ausschlaggebend sind 50 unschlüssige Parlamentarier / Kritiker verweisen auf US-Einmischung in Chile  ■ Aus Washington Stefan Schaaf

Am 3.Februar schlägt für die Zentralamerika-Politik der Reagan- Regierung die Stunde der Wahrheit. An diesem Tag, so will es der im November während der Haushaltsberatungen zwischen Kongreß und Weißem Haus ausgehandelte Kompromiß, wird das Repräsentantenhaus über weitere Militärhilfe für die antisandinistischen Contras abstimmen.

Weitere finanzielle Unterstüt zung für die bewaffneten Rebellen sei eine notwendige Voraussetzung, ja eine „Versicherungspolice“ für den Erfolg des Friedensplans, auf den sich die fünf zentralamerikanischen Staatspräsidenten vor sechs Monaten geeinigt hatten, lautet das wichtigste Argument der Reaganisten. Untermauert wird diese Behauptung durch die These, daß nur der militärische Druck der Contras die Sandinisten an den Verhandlungstisch gebracht und Zugeständnisse er zwungen habe. Falls der Kongreß weitere Gelder ablehne, so beteuern Regierungsmitglieder immer wieder, werde Nicaragua diese Liberalisierungsschritte rückgängig machen und ungehindert zu „einem sowjetischen Brückenkopf auf dem amerikanischen Festland werden“, so Reagan in seiner Radioansprache am Samstag. Einige Demokraten stimmen mit der Regierung zumindest in der Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit Daniel Ortegas überein: „Wir trauen ihm nicht, diesem leninistischen Hundesohn, doch Ronald Reagans Rezept, Ortega loszuwerden, überzeugt uns auch nicht mehr“, bellte etwa der demokratische Senator Moynihan in einer Fernsehdiskussion.

Dennoch sind die Aussichten auf eine Befürwortung weiterer Militärhilfe durch das Repräsentantenhaus, in dem die Demokratische Partei eine breite Mehrheit hat, recht dünn. Während in früheren Jahren einige Dutzend konservativer Demokraten, vor allem aus den Südstaaten, der Contra- Politik Reagans zur Mehrheit verholfen haben, sieht die Lage nach dem Iran-Contra-Skandal und den ersten Erfolgen des Arias-Friedensplans komplizierter aus. Das Ergebnis der Abstimmung hängt an etwa 50 Abgeordneten, die bisher nicht auf ein bestimmtes Votum festgelegt sind. Wenn Reagan neue Gelder vor allem für Kleidung und Nahrungsmittel für die Rebellen beantragt und nur ein kleiner Teil für Waffen und Muni tion vorgesehen wird, würden sie vielleicht zustimmen, vor allem, falls die militärische Hilfe zunächst zurückgehalten werde und erst bei einem Scheitern des Friedensplans zur Auszahlung komme.

Angesichts des breiten Widerstands im Repräsentantenhaus sind die 270 Millionen Dollar, von denen noch im Dezember die Rede war, mittlerweile auf 50 Millionen zusammengeschrumpft. Eine genaue Summe wurde noch nicht genannt.

Die Führung der Demokratischen Partei ist sich weitgehend einig, zumindest keine weitere militärische Hilfe für die Contras zuzulassen. In den Augen des Abgeordneten Lee Hamilton, der dem Irangate-Untersuchungsausschuß vorsaß, bedeutet eine Fortsetzung der Contra-Hilfe „mehr Krieg, mehr Repression, weniger Demokratie und weitere sowjetische Unterstützung. Ein Votum für weitere Contra-Hilfe würde außerdem den Friedensprozeß abtöten“. Sein Parteikollege Jim Wright, Sprecher des Repräsentantenhauses und der wichtigste Unterstützer des Arias-Plans im Kongreß, wies am Sonntag darauf hin, daß durch den Friedensplan in sechs Monaten mehr Demokratisierung erreicht worden sei als in sechs Jahren des „Krieges der Reagan-Administration gegen Nicaragua“. Er plädierte im Fernsehen energisch dafür, die politische Selbstbestimmung der zentralamerikanischen Staaten zu respektieren. „Unsere Aufgabe ist es, die fünf Präsidenten beim Finden einer Lösung zu unterstützen, anstatt ihnen vorzuschreiben, wer in ihren Ländern regieren soll.“ Wright erinnerte daran, daß in Chile schon einmal eine linksgerichtete Regierung mit den gleichen Argumenten von Washington beseitigt wurde und daß das Ergebnis die 14jährige Gewaltherrschaft Pinochets über dieses Land war, „wo es bis heute keine Wahlen gegeben hat“.