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Wahlschlacht am Äquator

Ecuadors Präsidentschaftsberater diffamieren einander bis zuletzt / Es kursieren Gerüchte um einen Putsch, sollte ein Kandidat der Linken siegen  ■ Aus Quito Ciro Krauthausen

„Der Sieg eines unbequemen Kandidaten wird sowieso durch einen Putsch verhindert“, so lautet das beliebteste Gerücht, das in den mit Wahlpropaganda zugekleisterten Straßen von Quito gehandelt wird.

Der ultrakonservative Staatschef Leon Febres Cordero, dem Verfassungsbruch, Menschenrechtsverletzungen und Korruption vorgeworfen werden, muß eine gerichtliche Untersuchung fürchten, wenn bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen ein politischer Gegner an die Macht kommt. Sieben Kreuze werden die Equadorianer am Sonntag auf ihren Stimmzetteln machen müssen.

Insgesamt werden 2.712 Posten verteilt, darunter die von Kongreß- und Landtagsabgeordneten, Gouverneuren der verschiedenen Provinzen und Bürgermeister.

Die alte Inkastadt Quito ist wie alle equatorianischen Städte über und über mit Wahlpropaganda beklebt und bepinselt. Selbst die Innenstadt mit ihren weißen Kolonialbauten – „Kulturdenkmal der Menschheit“, wie stolz verkündet wird – ist bunt geworden. Karawanen von schreienden und pfeifenden Parteigängern der zehn Präsidentschaftskandidaten ziehen durch die Straßen – die Anhänger des rechten Präsidentschaftskandidaten Sixto Duran- Ballen mit Vorliebe im Straßenkreuzer. Bei einer Wahlveranstaltung Durans in Ibarra, zwei Stunden nördlich vom Äquator, habe es, so berichtet ein Taxifahrer, mehr Autos als Menschen gegeben. Feurige Reden werden auf den Plazas gehalten, und überall wird diskutiert.

Es ist ein hitziger Wahlkampf, in dem die Kandidaten sich weniger durch ihr politisches Programm als durch Diffamierung der Konkurrenten zu profilieren suchen. Da werden Schlammschlachten über bezahlte Anzeigen in den Tageszeitungen ausgetragen, und den Wählern wird das Blaue vom Himmel versprochen.

Nur in einem Punkt sind sich alle einig: Unter ihrer Regierung werde sich die von Präsident Febres Cordero verschuldete wirtschaftliche und soziale Katastrophe nicht wiederholen.

Von den zehn Kandidaten haben nur fünf seriöse Aussichten, in die Stichwahl zu kommen, die für Mai angesetzt ist. Daß in der ersten Runde schon einer die absolute Stimmenmehrheit erlangt, ist so gut wie ausgeschlossen. Spitzenreiter ist einmal mehr Rodrigo Borja von der linksliberalen „Izquierda Democratica“, der vor vier Jahren gegen Leon Febres Cordero mit nur 60.000 Stimmen Unterschied denkbar knapp unterlag. An zweiter Stelle liegt nach den Meinungsumfragen Sixto Duran-Ballen von der regierenden christdemokratischen Partei.

Doch die Meinungsumfragen haben sich fast immer geirrt. Duran-Ballen kann sich zwar auf den Propagandaapparat der Regierung stützen, schleppt aber gleichzeitig die Hypothek des Prestigeverlustes mit, den diese Regierung erlitten hat. Nach den Parlamentswahlen von 1986 halten die Christdemokraten gerade noch 18 von 71 Sitzen, während die linksdemokratische Opposition mit 43 Mandaten die Mehrheit stellt. Sixto Duran rechnet mit den Stimmen der etwa 20 bis 30 Prozent, die von Febres Corderos Wirtschaftspolitik profitieren.

Jesus, Batman, Bolivar

Schwer einzuschätzen sind die Aussichten von drei schillernden Figuren, die zum ersten Mal kandidieren: Abdala Bucaram ist ein populistischer Schreihals, der sich auf seine Hausmacht in der Hafenstadt und Industriemetropole Guayaquil stützt. Der Millionär beruft sich auf Jesus Christus, den Befreiungshelden Simon Bolivar und die Comicfigur Batman und wird daher von vielen nicht ernst genommen. Für ein linkes Bündnis kandidiert General Frank Vargas Pazzos, der sich einen Namen machte, als er 1986 gegen die Regierung meuterte und deren politischen Niedergang beschleunigte. Er wurde vor einem Jahr aus der Haft entlassen, als Offizierskollegen den Staatschef als Geisel nahmen.

Als immerhin chancenreicher Außenseiter gilt schließlich Jamil Mahuad, ein cleverer Christdemokrat, der sich auf einen linken Flügel innerhalb der Partei stützt. Zu Beginn der Woche besetzten Mitglieder der Rebellenorganisation „Alfaro lebt“ und „Partisanen Freies Vaterland“ vier Radiostationen in Quito und einer anderen Stadt. Sie verlangten in einem Aufruf, die Präsidentschaftskandidaten der Rechten, darunter auch Sixto Duran, nicht zu wäh len. Von Staatspräsident Febres Cordero forderten sie, endlich den Willen des Parlaments zu respektieren und den Innenminister, Luis Robles Plaza, wegen Menschenrechtsverletzungen zu entlassen.

Ein großer Teil der Wähler des Andenstaates, dessen Erfahrungen mit der Demokratie noch nicht sehr alt sind, ist noch unentschlossen. Sie habe 1984 für Febres Cor dero gestimmt, erzählt eine Frau, die offensichtlich zum städtischen Proletariat zählt. Febres hatte „Brot, Dach und Arbeit“ für alle versprochen. Seit sie aber bemerkt hat, „welche Räuberbande“ sie da an die Macht gewählt hat, bereut sie ihre Stimmabgabe. Wer diesmal ihre Stimme bekommen wird, weiß sie noch nicht: „Die halten ja doch nicht, was sie versprechen.“ Regierungskandidat Sixto Duran-Ballen läßt Coupons verteilen, mit denen sich die Armen angeblich zukünftigen Agrargenossenschaften anschließen können. Ein ähnliches Versprechen machte schon Febres Cordero 1984: Die zuständigen Büros wurden jedoch nach dem Wahlsieg sofort geschlossen. Für immer.

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