Finnland: Wahlen mit sicherem Ausgang

■ Bei den finnischen Präsidentschaftswahlen am kommenden Sonntag wird Präsident Koivisto aller Voraussicht nach bestätigt / Konsens als Grundlage der finnischen Politik / Keine Kohabitationskämpfe nach französischem Muster, sondern Wahlkampf ohne Prinzipienstreit

Helsinki (ap/taz) - Der Sieger bei den finnischen Präsidentschaftswahlen am kommenden Sonntag steht praktisch schon jetzt fest: Alles spricht dafür, daß der jetzige Staatschef Mauno Koivisto in seinem Amt bestätigt wird. Dabei könnte eine Neuerung im Wahlverfahren theoretisch durchaus Überraschungen nach sich ziehen: Zum ersten Mal wird der Staatspräsident in Finnland direkt vom Volk gewählt. Bislang war er durch ein - gewähltes - 300köpfiges Wahlmännergremium bestimmt worden. Das Wahlmännergremium, das am kommenden Montag gewählt und auf 301 aufgestockt wird, um ein Stimmenpatt zu vermeiden, tritt nun nur noch in Funktion, falls im ersten Wahlgang keiner der Kandidaten eine absolute Mehrheit erhalten sollte. Obwohl Koivisto nach Meinungsumfragen zur Zeit bei 55 Prozent der Stimmen liegt, wäre vorstellbar, daß er bei den direkten Wahlen die absolute Mehrheit verfehlt und sich die Oppositionsparteien für den zweiten Wahlgang auf einen gemeinsamen Gegenkandidaten einigen. Die finnischen Verhältnisse machen ein solches Ergebnis jedoch eher unwahrscheinlich: Noch nie in der 70jährigen Geschichte des unabhängigen Finnlands ist einem Präsidenten seine Wiederwahl verweigert worden. Koivisto hatte vor sechs Jahren ein schweres Erbe angetreten, als er die Nachfolge von Urho Kekkonen übernahm, der 25 Jahre über Finnland regiert hatte und zu einem Markennamen für finnische Außenpolitik geworden war. Seine Kritiker werfen Koivisto vor, er lasse die Initiative vermissen, durch die Kekkonen Finnland auf dem außenpolitischen Parkett zur Geltung gebracht habe. Dennoch scheint Koivisto in Finnland akzeptiert zu sein. Immerhin erklärte er kürzlich: „Ich wäre sehr enttäuscht, wenn ich nicht direkt gewählt würde.“ Doch selbst wenn ein anderer Kandidat gewählt würde, hätte das voraussichtlich kaum Auswirkungen auf die finnische Politik. Ähnlich wie in Frankreich gibt es dort eine Kohabitation zwischen einem Präsidenten, der von den Sozialdemokraten aufgestellt worden ist, und einem konservativen Premierminister: Regierungschef Harri Hokeri präsentiert sich als Gegenkandidat für die Präsidentschaftswahlen. Anders als in Frankreich haben es die beiden Bewerber jedoch nicht nur während der Zeit ihrer Kohabitation, sondern auch noch im Wahlkampf vermieden, sich in innen– oder außenpolitischen Themen durch unterschiedliche Positionen zu profilieren. Koivisto hatte einen nur dreiwöchigen Wahlkampf geführt und dabei vorgeschlagen, die Machtbefugnisse des Präsidenten einzuschränken. Außerdem hatte er eine Begrenzung der Amtszeit des Präsidenten auf zwei sechsjährige Perioden vorgeschlagen.Der finnische Staatspräsident hat größere Machtbefugnisse als der französische: Er bestimmt die Richtlinien der Außenpolitik, kann das Parlament auflösen und die Entscheidungen der Regierung beeinflussen. Der Präsident ernennt die Minister und andere hohe Beamte, einschließlich jener der Lutherischen Staatskirche. Er ist außerdem Oberbefehlshaber der Streitkräfte und kann Straftäter begnadigen.An den Pfeilern der finnischen Politik hält auch der drittstärkste Kandidat, der Führer der oppositionellen Zentrumspartei, Paavo Vyrynen, fest: Er hatte zwar bestimmte innen– und außenpolitische Entscheidungen der Regierung kritisiert, bekennt sich aber zu Finnlands Neutralitätspolitik und den privilegierten Beziehungen mit der Sowjetunion. Schließlich haben sich zwei aussichtslose Bewerber zweier kommunistischer Gruppierungen zur Wahl gestellt. -ant