Tod eines Sinto erneut vor Gericht

■ Fast zwei Jahre nach erstinstanzlicher Verurteilung eines Schlossers wegen „Körperverletzung“ steht der Tod des Opfers, eines Sinto, erneut zur Verhandlung / Tod durch Tritte und Prügel

Bochum (taz) - Heute beginnt vor dem Bochumer Schwurgericht die Berufungsverhandlung gegen den Schlosser Rainer Schilling (32). Schilling war im April 1986 zu einer 15monatigen Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt worden, weil er den Sinto Johann „Puppe“ Matz in den frühen Morgenstunden des 23. Oktober 1984 im Bochumer Bordellviertel erschlagen hatte (die taz berichtete). Der Prozeß erregte damals Aufsehen, weil der Tod von Matz von dem Bochumer Schöffengericht lediglich als „Körperverletzung“ gewertet wurde. Nach Ansicht des Gerichts war der 34jährige nicht an den Folgen von Tritten und Prügel gestorben, sondern es sei eine „Herzschädigung der leichteren Art“ ursächlich für den Tod des bis dahin gesunden Mannes gewesen. Der vorsitzende Richter erkannte im Verhalten des Angeklagten „keinerlei Hinweise auf eine Tötungsabsicht“. Dem widersprach allerdings die Darstellung von Zeugen, die beobachtet hatten, wie Schilling sein wehrlos am Boden liegendes Opfer immer wieder mit den Füßen ins Gesicht trat und dabei mehrfach ausrief: „Ich schlag dich tot, du Sau“ und „Ich bring dich um“. Grund für die Schlägerei mit Todesfolge war nach Zeugenaussagen, daß der Anklagte den Sinto für einen „dreckigen Türken“ gehalten hatte. Daß es damals überhaupt zu einer Anklage gekommen war, ist der Familie des Erschlagenen zu verdanken, denn die - nicht etwa die Strafverfolgungsbehörden - hatten den Täter ausfindig gemacht. Die als Nebenklägerin zugelassene Witwe hatte bereits in der ersten Instanz auf Anraten des „Zentralrats der Deutschen Sinti und Roma“ - der mit Prozeßbeobachtern vertreten war - eine Verurteilung vor einer Strafkammer wegen Mord, Totschlag oder zumindest Körperverletzung mit Todesfolge gefordert. Ein dahingehender Antrag wurde seinerzeit abgelehnt. Auch in der zweiten Instanz lautet die Anklage weiterhin auf „gefährliche Körperverletzung“. Der Prozeß ist auf drei Tage terminiert. et