Italien: Wieder „grün“ für AKW

Rom (taz) – Italiens Regierung, derzeit wegen ständiger Abstimmungsniederlagen in der Haushaltsdebatte in großen Nöten, hat beschlossen, sich handlungsfähig zu zeigen – und dem atomkraftabgeneigten Volk eine kräftige Ohrfeige zu verabreichen: Das im Bau befindliche, aber seit zwei Monaten blockierte Kernkraftwerk Montalto di Castro soll fertiggestellt werden.

Im November hatten mehrere Referenden mit einer Mehrheit von 80 Prozent der Finanzierung und Ortswahl durch die Regierung den gesetzlichen Boden entzogen. Doch da in Italien gesetzesbeseitigende, nicht aber gesetzgebende Referenden möglich sind, kann die Regierung rechtlich die alten Normen wieder vorlegen. Das tut sie nun. Begründung: Man brauche Montalto, um „den Anschluß an die internationale Forschung nicht zu verlieren“. Die Regierung fühlt sich formal im Recht. Eine andere Frage ist natürlich die politische Opportunität – Umweltschützer und Oppositionsparteien haben bereits mächtigen Protest angekündigt, Überlegungen für eine neue Volksabstimmung sind ebenfalls im Gange. So mancher hoffte darauf, daß sich das Problem von alleine löst – wegen der dauernden Abstimmungsniederlagen sieht sich Ministerpräsident Goria möglichweise schon in den nächsten Tagen zum Rücktritt gezwungen. Aber die Hoffnung ist vage. Denn gerade die nahe Rücktrittsabsicht könnte den industriefreundlichen Regierungschef veranlassen, Montalto schnell noch per Regierungsdekret wieder zu öffnen und somit seinem Nachfolger ein kaum zu beseitigendes Präjudiz zu hinterlassen. Werner Raith