INTERVIEW
: Wackersdorf: „Es wird Verzögerungen geben“

■ Interview mit dem bayerischen Landtagsabgeordneten der Grünen, Prof. Armin Weiss

taz: Herr Weiss, ist mit dem Urteil des bayerischen Verwaltungsgerichts die WAA grundsätzlich in Frage gestellt?

Armin Weiss: Ich hoffe, daß das im Endeffekt das Ergebnis sein wird. Zwar geht es jetzt erstmal nur um den Bebauungsplan. Wichtig ist im Moment die Begründung des Gerichts. Es bemängelt, daß die nuklearspezifischen Auswirkungen im Bebauungsplan nicht berücksichtigt worden sind. Das zeigt, wie rücksichtslos die Betreiber und die Genehmigungsbehörden gegenüber der Bevölkerung vorgegangen sind. Sie haben die Auswirkungen der Radioaktivität aus einer solchen Anlage einfach zur Seite geschoben.

Gibt es konkrete Auswirkungen auf die Baustelle in Wackersdorf?

Wir rechnen mit Baueinstellungen, denn es besteht ja kein rechtskräftiger Bebauungsplan mehr. Die Betreiber stützen sich zwar auf vor liegende Baugenehmigungen. Die sind aber noch nicht rechtskräftig, weil gegen sie Widerspruch eingelegt worden ist. Deshalb gibt es für den Weiterbau keinerlei Rechtfertigung mehr.

Die Betreiberseite glaubt, auch ohne Bebauungsplan weiterarbeiten zu können und bezieht sich dabei auf das Bundesbaugesetzbuch.

Das ist richtig. Danach können „priviligierte Vorhaben“ – und dazu zählt bei uns leider die WAA – auch mit Baugenehmigungen allein gebaut werden. Allerdings nur mit Zustimmung der zuständigen Gemeinden. Im vorliegenden Fall waren bisher auch die bayerische Staatsregierung und alle Behörden immer der Ansicht, daß ein Bebauungsplan sein muß. Man kann nicht plötzlich sagen, „Ätsch: jetzt brauchen wir keinen mehr“.

Hat das Urteil, abgesehen vom baurechtlichen Teil, auch Rückwirkungen auf das atomrechtliche Genehmigungsverfahren?

Ja, es wird auf alle Fälle Verzögerungen geben. Denn es kann natürlich keine atomrechtliche Genehmigung geben, wenn nicht mal ein rechtskräftiger Bebauungsplan vorliegt. Wenn ein neuer Bebauungsplan erstellt werden muß, kann dagegen wiederum eine Normenkontrollklage eingereicht werden. Und da hat der Bürger sehr viel mehr Rechte als im atomrechtlichen Verfahren.

Wie werden die Grünen und die WAA-Gegner in Bayern mit dem Urteil umgehen? Was sind die nächsten Schritte?

Wir haben kein großes Zutrauen in unsere Behörden und glauben nicht, daß sie rasch die Baueinstellung verfügen. Deshalb haben wir als erste Konsequenz aus dem Urteil heute einen Dringlichkeitsantrag im Parlament eingebracht, in dem die Staatsregierung dazu aufgefordert wird, alle Baumaßnahmen sofort einzustellen. le