„Der Duft des Faschismus“

Auch das britische Oberhaus bläst nun zur Schwulenhatz / Die Lords lehnen eine Abänderung des Anti-Homosexuellen-Gesetzes der Regierung Thatcher ab  ■ Aus London Rolf Paasch

Daß viele Lords des britischen Oberhauses begeisterte Jäger sind, ist nichts Neues. Daß sie dieses zweifelhafte Vergnügen jetzt auch auf die Homosexuellen Großbritanniens ausgeweitet wissen wollen, riecht dagegen nach Faschismus. Diesen „Duft“ wollte jedenfalls der 80jährige Methodistenprediger Lord Soper am Montag in der Oberhausdebatte um den berüchtigten Anti- Homosexuellen-Paragraphen der Regierung Thatcher wahrgenommen haben. Die an das Gesetz zur Verwaltungsreform angehängte „Klausel 28“ soll den Lokalregierungen demnächst jegliche „Befürwortung von Homosexualität“ untersagen. Nach heftigen Protesten der britischen Schwulenbewegung und aus besorgten Künstlerkreisen hatte der sozialdemokratische Lord Falkland schließlich eine Abänderung dieser Klausel vorgeschlagen, die zumindest Erziehungsmaterialien mit künstlerischem, wissenschaftlichem oder aufklärerischem Wert von dem Publikationsverbot ausgenommen hätte. Oscar Wilde sollte diesem „Amendment“ zufolge auch weiterhin auf den Regalen der örtlichen Leihbücherei stehen dürfen. Materialien, die suggerierten, daß auch Homosexuelle „familienähnliche Beziehungen“ unterhalten könnten, sollten allerdings auch nach Lord Falklands Verständnis verboten werden. Doch selbst dieser klägliche Versuch zur Entschärfung des Diskri minierungs-Paragraphen war den Oberhäuslern zuviel. Mit 166 zu 111 Stimmen votierten sie für einen „Kompromißvorschlag“ der Regierung, nur die „absichtliche“ Befürwortung von Homosexualität unter Strafe zu stellen. Was „absichtlich“ ist oder nicht, das werden danach die Gerichte entscheiden müssen, auf die sich die Konservativen in diesen Tagen der Thatcher-Herrschaft 100 Prozent verlassen können. „Eine offene Einladung zur Schwulenhatz“, so kommentierte der Dramatiker Lord Willis die Entscheidung seiner adligen Kollegen am Ende der durchaus kontroversen und – an den Standards der senilen Kammer gemessen – heftigen Debatte. Nach der Diskussion der „Amendments“ im „House of Lords“ wird das Gesetz vor seiner endgültigen Verabschiedung nun noch den weiteren parlamentarischen Prozess durchlaufen müssen. Die Chancen für eine Entschärfung der infamen Klausel 28 sind nach der Ablehnung von Lord Falklands Änderungsvorschlag am Montagabend allerdings auf den Nullpunkt gesunken.