INTERVIEW
: Wackersdorf-Bürgermeister nachdenklich

■ Joseph Ebner (SPD), Bürgermeister von Wackersdorf, nach dem Urteil des bayerischen Verwaltungsgerichtshofs über die WAA / „Ich bin jetzt kein Befürworter und kein Gegner der WAA“ / Noch keine Entscheidungen über das weitere Vorgehen

taz: Sie waren bisher als WAA-Befürworter bekannt. Bei der Gerichtsverhandlung haben Sie erklärt, Sie seien jetzt schlauer geworden. Inwiefern?

Ebner: Ich habe nun herausbekommen, auf welche Punkte es im einzelnen ankommt. Das sind nuklearspezifische Fragen, Fragen der Hydrologie und Seismologie – alles Fragen, die neu oder zumindest stärker als vorher in Erscheinung getreten sind. Ich habe jetzt auch die Argumente von beiden Seiten gehört.

Hätten die entsprechenden Unterlagen nicht zu dem Zeitpunkt auf den Tisch gemußt, als über den Bau der WAA entschieden wurde?

Zu dem Zeitpunkt war die Gemeinde Wackersdorf am Verfahren nur am Rande beteiligt. Der Bebauungsplan wurde ja vom Landratsamt erlassen. Im Raumordnungsverfahren hat sich die Gemeinde ohne Gegenstimme für die WAA ausgesprochen, da waren uns die Vorbehalte in dem Umfang nicht bekannt. Ich glaube nicht, daß etwas zurückgehalten worden ist, man hätte sich aber ausführlicher informieren müssen. Falls der Gemeinderat jetzt einen neuen Bebauungsplan erstellt, wird man sich von Experten, Professoren und Juristen allseitig beraten lassen müssen.

Bisher hatten Sie das Restrisiko der WAA mit einem normalen Großbetrieb verglichen.

Das ist eine Frage der Wertung des Risikos. Wir haben jetzt mehr erfahren, das wird Einfluß auf die Wertung haben müssen.

Fordern Sie, wie ihre Partei, einen sofortigen Baustopp?

Soweit ich das beurteilen kann, hat man hier rechtskräftige Einzelgenehmigungen. Wenn das rechtens ist, kann man hier schlecht etwas ändern. Ich betrachte das in erster Linie als Bürgermeister und nicht als Parteigenosse. Wir müssen jetzt abwarten, bis das schriftliche Urteil vom VGH vorliegt. Es ist alles noch offen.

Wackersdorf erhält jährlich von der WAA- Betreiberfirma DWK ein zinsloses Darlehen von einer Million Mark, deklariert als Gewerbesteuervorauszahlung. Kann es sich der Gemeinderat leisten, gegen die WAA zu sein?

Eine Verbindung oder gar eine Bindung sehe ich nicht. Das sind normale Verausleistungen, wir haben damit eine gewisse Infrastrukturarbeit, zum Beispiel Straßenanbindungen zu leisten. Sollte die WAA einmal nicht in Betrieb gehen, werden wir das sicher wieder zurückzahlen müssen – wenn die Gemeinde dazu tatsächlich in der Lage ist.

Würden Sie sich heute noch als WAA-Befürworter bezeichnen?

Ich bezeichne mich als Bürgermeister der Gemeinde Wackersdorf. Es ist richtig, ich war bisher Befürworter. Ich bin jetzt kein Befürworter und kein Gegner, ich werde mich neu kundig machen müssen. Das Gespräch führte B.Siegler