Baustopp in Ahaus aufgehoben

Das zur Hälfte fertiggestellte Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente kann nach dem Urteil des „Atomrats“ in Münster weitergebaut werden / Wirtschaftsminister Jochimsen happy  ■ Von Gerd Rosenkranz

Nach fast drei Jahren gerichtlich erzwungener Ruhe kann der Bau des zur Hälfte fertiggestellten Zwischenlagers für abgebrannte Brennelemente im westfälischen Ahaus voraussichtlich bald wiederaufgenommen werden. Der 21. Senat des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster hob am Montag den im Mai 1985 im sogenannten Eilverfahren verfügten Baustopp auf.

Die Brennelemente Zwischenlager Ahaus GmbH (BZA), eine Tochter der Deutschen Gesellschaft zur Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen (DWK), will nach den Worten ihres Sprechers Rainer Heere den Bau nun „ohne Zögern“ fortsetzen und dazu voraussichtlich „in den kommenden Tagen“ einen Antrag auf Sofortvollzug der Baugenehmi gung an die Stadt Ahaus richten. Ein solcher Antrag ist notwendig geworden, nachdem das Gericht in seinem Urteil durchblicken ließ, daß eine inzwischen in Berlin beim Bundesverwaltungsgericht anhängige Revisionklage gegen das Zwischenlager aufschiebende Wirkung habe.

Der 21. Senat des OVG Münster, der als „Atomsenat“ in der Vergangenheit Klagen gegen den Hochtemperaturreaktor in Hamm in Serie ablehnte, hatte das Verfahren im vergangenen Jahr im Rahmen einer neuen Geschäftsverteilung vom sogenannten Bausenat übernommen, der seinerzeit 1985 den Baustop verfügt hatte. Im Hauptverfahren blieb der „Atomsenat“ seiner Linie treu und erklärte die Baugenehmigung der Stadt Ahaus im vergangenen Oktober für rechtmäßig. In diesem Urteil sprach das Gericht dem Kläger Hermann Lenting als Anwohner des Zwischenlagers den „Abwehranspruch gegen den Weiterbau“ ab. Nach diesem Urteil habe auch die Baustop-Verfügung seine Grundlage verloren.

Ein Ende des äußerst komplexen Verfahrens ist dennoch nicht abzusehen, nachdem inzwischen die Revision gegen das Oktober- Urteil beim Bundesverwaltungsgericht zugelassen wurde. Die Anwältin der Gegner des Zwischenlagers, Rülle-Hengesbach, erklärte gegenüber der taz, gegen einen Antrag der Betreiber auf sofortigen Vollzug werde man wiederum vor das Bundesverwaltungsgericht ziehen.

Der nordrhein-westfälische SPD-Wirtschaftsminister Jochimsen, der in der Auseinandersetzung seit Jahren die Betreiber- Seite unterstützt, begrüßte „prinzipiell“, daß die Bauarbeiten nun fortgesetzt werden können. Der energiepolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Eckhard Stratmann, warf der Landesregierung vor, mit ihrer Haltung dem „Atomstaat aus der Klemme“ zu helfen, nachdem die Zuverlässigkeit der Betreiber von Atomanlagen ins Zwielicht geraten sei und der Weiterbau der immer zweifelhafter werde.

Unterdessen hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gegenüber der taz bestätigt, daß die Entscheidung über eine seit 1982 anhängige Verfassungsbeschwerde zur grundsätzlichen Zulässigkeit der Zwischenlagerung gefallen ist. Der Beschluß soll Mitte nächster Woche veröffentlicht werden. Allgemein wird damit gerechnet, daß das Gericht die im Atomgesetz nicht vorgesehene Zwischenlagerung für rechtmäßig erklärt.