: „Big Eye“: eindeutige Offensivwaffe
■ Die C–Waffen der USA werden „modernisiert“: geringere Tonnage, höhere Wirkung
„Fat Boy“ nannten die USA die Atombombe, die Hiroshima auslöschte. In Fortsetzung der Tradition, Massenvernichtungsmitteln verharmlosende Namen zu geben, erhielt die Bombe, deren Produktion im Rahmen der Chemiewaffen–“Modernisierung“ Präsident Reagan gestern ankündigte, den Namen „Big Eye“. Er setzte sich über energische Proteste des US–Rechnungshofes hinweg, der wegen technischer Unzuverlässigkeit eine Produktionsmittelfreigabe bislang abgelehnt hatte. Eingesetzt werden soll „Big Eye“ gegen Ziele in der Tiefe des gegnerischen Hinterlandes. Bislang vorgesehen ist die Herstellung von 44.000 Exemplaren, gefüllt mit dem langlebigen chemischen Kampfstoff VX. Vorgesehen ist weiterhin eine Rakete mit rund 40 Kilometer Reichweite für den Raketenwerfer MLRS, der als MARS derzeit auch bei der Bundeswehr eingeführt wird. Der Sprengkopf befindet sich in Entwicklung, die Produktionsreife soll 1991 erreicht sein. Drittes Element des Chemiewaffenprogramms ist eine 155 mm–Granate mit flüssigem Kampfstoff, der aus zwei für sich harmlosen chemischen Substanzen besteht, die erst bei Abschuß miteinander vermengt werden und das tödliche Gift Sarin 2 ergeben. Daher der Name „Binäre Waffen“. Die Munition hierfür wird seit Dezember 87 produziert. Geplant sind 410.000 Stück mit 1.700 Tonnen Kampfstoff. Die Granate ist vorgesehen für den Einsatz gegen Gebiete, die nach kurzer Zeit eigenen Truppen in der Offensive offen stehen sollen. Der Kampfwert dieser drei neuen Chemiewaffen wird insgesamt viel höher sein, auch wenn die Gesamttonnage geringer ist, als die derzeit noch in den USA und der BRD lagernden Chemiewaffen, die allerdings wohl nur noch zu zehn bis 20 Prozent einsatzfähig sind. Für das Binärwaffenprogramm der USA wird seit Ende der 50er Jahre geforscht. Nixon stellte es 69 ein, doch bereits Carter beantragte wieder Forschungsgelder. Nach langjährigem Widerstand bewilligte der Kongreß in den Jahren 1985/86 zum erstenmal Haushaltsgelder für die neuen Chemiewaffen. Andreas Zumach
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