: US-Delegation ohne Befugnisse
USA blockieren Erarbeitung eines C-Waffen-Vertrages / Reagan kündigt Produktion der „Bigeye“-Bombe an / Nun sind Genscher und Andreotti gefordert, den USA ins Gewissen zu reden ■ Aus Genf Andreas Zumach
Die USA sind nicht bereit, dem seit 1980 tagenden und seit 1984 formal verhandelnden Chemiewaffenausschuß der Genfer Abrüstungskonferenz ein Mandat für die Formulierung eines endgültigen Vertragsentwurfes zu erteilen.
Dies erklärte der US-amerikanische Botschafter Max J. Friedersdorf am Dienstag abend in seiner Rede zur Eröffnung des Plenums der Genfer Abrüstungskonferenz. Gleichzeitig kündigte Präsident Reagan den Bau der Bigeye- Bombe im Rahmen des im Dezember 1987 angelaufenen Binärwaffenprogramms an. Bislang hatten die USA nur binäre Attilleriemunition produziert.
Friedersdorf wandte sich „gegen künstlich gesetzte Daten für einen Vertragsabschluß wie zum Beispiel die UNO-Sonderkonferenz für Abrüstung“, die im Juni in New York eröffnet wird. Danach aber beginnt die heiße Phase der amerikanischen Präsidentschaftswahlen. Der US-amerikaniche Botschafter bestätigte mit seinen Äußerungen nun auch öf fentlich den Eindruck, der hinter der Fassade allseits verbreiteten Optimismus schon seit Wochen bestanden hatte: daß nämlich die USA zumindest derzeit keinen Vertrag wollen (siehe gestrige taz).
Friedersdorf verband seine Äußerungen mit heftigen Angriffen gegen die Sowjetunion und äußerte die Hoffnung, daß „das Binärwaffenprogramm der USA die Aussicht auf einen Vertrag verbessert“, weil „es die Bereitschaft der UdSSR hebt, ihr Chemiewaffenprogramm aufzugeben“.
Der sowjetische Chefdelegierte Nasarkin, der in seiner Rede vor der des US-Botschafters auf die Frage des künftigen Mandats der Unterhändler nicht eingegangen war, forderte in Reaktion auf Friedersdorf die „Erteilung eines umfassenden Mandats“ für den Chemiewaffenausschuß, damit der „zu 90Prozent fertig ausgehandelte Vertrag nun auch bald vollendet werden kann“.
Dies ist auch die Position fast sämtlicher anderer Delegationen. Von der Rede des Bundesaußenministers Genscher vor der UNO- Abrüstungskonferenz am heutigen Vormittag erhoffen sie sich nun statt unverbindlichem Optimismus klare Worte in Richtung Washington.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen