Frankreich: Hoch die Moral!

Die Pariser Nationalversammlung verabschiedete das erste Gesetz der Republik zur Parteienfinanzierung / Getreu französischer Tradition werden die Regierungsparteien bevorzugt  ■ Aus Paris Georg Blume

Wird das politische Leben in Frankreich nunmehr „moralischer“ werden, wie Premierminister Jacques Chirac großspurig verkündet? Zweifel gibt es viele, aber immerhin fand das Ereignis statt: In der Nacht von Donnerstag auf Freitag verabschiedete die Pariser Nationalversammlung zum ersten Mal in der Geschichte französischer Republiken ein Gesetz zur Parteienfinanzierung. Wer diese Tatsache allein als Sieg des Parlamentarismus betrachtet, mag mit der französischen Regierungsrechten jubeln.

Wer dagegen das neue Gesetz, das nunmehr nur noch die formale Hürde der zweiten Parlamentskammer, des Senats, passieren muß, genau untersucht, wird schnell erkennen, wie locker sich die Pariser Abgeordneten den Gürtel geschnallt haben.

Das Gesetz sieht zwar vor, daß vom Präsidenten über die Abgeordneten bis hin zu den Bürgermeistern von Kleinstädten die politisch Verantwortlichen alle ihre Vermögensverhältnisse zu Beginn und am Ende ihrer Amtsperiode offenlegen müssen. Dies soll allerdings nicht gegenüber der Öffentlichkeit geschehen, sondern vor dem Parlamentsbüro in Paris, das dann der Presse lediglich einen allgemeinen Bericht vorlegt.

Im Gesetzestext geht es des weiteren um die Begrenzung der Wahlkampfkosten. Hier werden Obergrenzen von etwa 36 Millionen Mark bei Präsidentschaftswahlen und 130 Millionen Mark bei Parlamentswahlen jeweils pro Kandidat oder Partei festgelegt. Genauso hoch werden die Kampagnenkosten auch geschätzt – von Begrenzung also keine Rede, geschweige denn von der Einführung einer unabhängigen Kontrollinstanz.

Hauptteil des Gesetzes schließlich ist die Schaffung eines eigenen Statuts für Parteien, der ihnen staatliche Finanzhilfen (die Höhe ist bisher nicht bekannt) entsprechend der Zahl ihrer Abgeordneten im Parlament sichert. Zusätzlich können Privatspenden bis zu 150.000 Mark pro Spender und Jahr von der Steuer abgesetzt werden.

Dieser Zusatz und die Art der staatlichen Parteigeldverteilung, die im Mehrheitswahlrecht kleine Parteien völlig ausklammert und die Opposition stark benachteiligt, veranlaßten die französischen Sozialisten, deren Zustimmung zum Gesetz man erwartete, sich schließlich doch ihrer Stimme zu enthalten. Das war eine halbherzige Lösung. Die Kommunisten im Parlament aber wußten: „Das Geld kommt von den Großen und bleibt dort“ – und stimmten dagegen.