Präsident Ortega: „Noch herrscht der Krieg“

Reagan „tief enttäuscht“ / Sein Abstimmungssieg im Senat ist nur ein symbolisches Trostpflaster / Die Situation in Nicaraguas Nachbarländern kommt in Bewegung / Mittelamerikas Rechte schäumt / Als erster Contra-Chef hat Robelo seinen Rücktritt angekündigt  ■ Aus Managua Thomas Schmid

Moderat und ausgewogen fiel am Donnerstag nachmittag die erste offizielle Stellungnahme der nicaraguanischen Regierung zur Entscheidung des Abgeordnetenhauses der USA aus, die vom Weißen Haus beantragte Contra-Hilfe abzulehnen. Präsident Daniel Ortega sprach von einem „Votum der Hoffnung“, gab aber gleichzeitig zu bedenken, daß sich „der Präsident der USA wohl schwerlich in einen Mann des Friedens verwandeln“ werde. Sicher werde die US- Regierung nach Alternativen su chen, um den Krieg gegen Nicaragua, der im übrigen offenbar von nahezu der Hälfte der Abgeordneten begrüßt werde, fortzusetzen. „Noch gibt es die Versorgungsflüge für die Contra. US-Truppen in Honduras sind weiterhin Basis für die Unterstützung der Söldner und stellen eine Interventionsdrohung dar“, erklärte Ortega. Der Krieg gehe erst zu Ende, wenn die USA einen Waffenstillstand akzeptierten. Wenige Stunden nach dem Kongreßvotum wurde bei Quilali, rund 250 Kilometer nördlich von Managua, ein ziviler Lastwagen von einer Mine der Contra zerrissen. 18 Insassen waren sofort tot, vier weitere – darunter zwei Kinder – liegen im Koma.

Im übrigen wies der Präsident Nicaraguas darauf hin, daß seine Regierung den Forderungen des mittelamerikanischen Friedensvertrags nachkomme – anders als Staaten wie Honduras, das weiterhin die Contra-Basen auf seinem Territorium toleriere, oder El Salvador das den Dialog mit der FMLN-Guerilla verweigere, obwohl sich diese ausdrücklich dazu bereit erklärt habe.

Von den Führern der beiden konservativen Parteien sowie der sozialchristlichen, der sozialdemokratischen und der liberalen Partei kamen nur vage Stellungnahmen zur Abstimmung in Washington. Führer der Rechtsparteien sprachen fast gleichlautend von einem „positiven Schritt“, da die Sandinisten nun keine Entschuldigungen für mangelnde Demokratie mehr vortragen können. Dieselben Parteien haben allerdings keine Anstalten getroffen, diesen „positiven Schritt“ in einem Appell an den US-Kongreß zu fordern. Vielmehr ließen sie vor der Abstimmung durchblicken, daß sie eine Fortsetzung der Militärhilfe für die Contra begrüßen oder zumindest wohlwollend hinnehmen würden.

Ähnlich äußerte sich der honduraische Staatschef, der vorher an den Kongreß appelliert hatte, die Contra-Hilfe zu verlängern. Als erster der Contra-Chefs hat der Unternehmer Alfonso Robelo die Konsequenzen gezogen und Freitag seinen Rücktritt aus dem sechsköpfigen Direktorium angekündigt.

Costa Ricas Präsident Oscar Arias, der mit seinen Warnungen die Entscheidung der US-Parlamentarier mit beeinflußt hatte, äußerte seine Genugtuung: „Wenn der Kongreß dem Friedensplan eine Chance gegeben hat, dürfen wir nicht scheitern“. Der ehemalige Außenminister von Costa Rica, Gonzalo Facio, ein Contra- Sympathisant, meinte, „das marxistische Regime hat jetzt freie Hand“, seine Pläne der Expansion in Mittelamerika umzusetzen.

Das honduranische Parlament hat den US-Kongreß aufgefordert, die finanziellen Mittel für eine Umsiedlung der nicaraguanischen Contras in die Vereinigten Staaten bereitzustellen. Parlamemtssekretär Oscar Melara: „Ohne Unterstützung können die Contras nicht mehr weiter kämpfen und müssen sich in einem Land ansiedeln, wo sie in Würde leben können“.

Präsident Reagan ist derweil „tief enttäuscht“ darüber, daß sich das Repräsentantenhaus seinem Antrag widersetzte. Ein schwacher Trost war für ihn, daß der Senat seinerseits mit knapper Mehrheit für ihn stimmte – denn dieser Abstimmungssieg gilt nur als „symbolischer Akt“, weil eine Vorlage nur mit Zustimmung beider Häuser Gesetzeskraft erhält.