Noriega auf der US-Abschußliste

Hinter der Anklage gegen Panamas starken Mann steht nicht nur seine Verwicklung in den Drogenhandel / Mit dem Jahr 2000 rückt das Ende der US-Herrschaft am Panama-Kanal näher  ■ Von Ralf Leonhard

Manuel Antonio Noriega, der Chef der panamenischen Nationalgarde, will „die letzte lateinamerikanische Schlacht für Würde und gegen den Kolonialismus“ führen, nachdem er Freitag in den Vereinigten Staaten formell unter Anklage gestellt wurde. Dem starken Mann hinter der Zivilregierung Eric Delvalles wird Drogenschmuggel in die USA und Geldwäscherei vorgeworfen. Die Anklage vor den Strafkammern von Miami und Tampa im US- Bundesstaat Florida wird allgemein als jüngster Schritt Washingtons interpretiert, den unbequemen General zum Rücktritt zu bewegen. Noriega, der lange Zeit auf der Gehaltsliste der CIA stand und gegen günstige Kredite die Ausbildung nicaraguanischer Contra-Kämpfer in Panama erlaubt hat, ist zu einem unsicheren Verbündeten geworden, seit ihn die USA mit Korruptionsvorwürfen verprellt haben.

Der Anklageerhebung war eine Reihe von Enthüllungen vorausgegangen, die den General schwer belasten. So hat Floyd Carlson, der ehemalige Privatpilot Noriegas, ausgesagt, er habe seinem Chef mehrmals Schmiergelder des kolumbianischen Drogenkartells von Medellin überbracht. Und auch Jose Blandon, der ehemalige Generalkonsul Panamas in New York, bestätigte, daß Noriega Basen in Panama als Drogenumschlagplatz zur Verfügung gestellt und dafür abkassiert habe. Blandon war von Noriega beauftragt worden, mit der US-Regierung die Bedingungen für einen ehrenvollen Rücktritt des Generals auszuhandeln. Nachdem er mit Vorwürfen gegen Noriega an die Öffentlichkeit getreten war, wurde er Ende Januar gefeuert.

Beobachter in Panama bezweifeln, daß der Prozeß den gewünschten Effekt haben wird. Denn die Vorwürfe, daß Noriega seine Finger im internationalen Drogengeschäft habe, werden von den USA schon seit fast zwei Jahren erhoben. Der vom US-Botschafter Davis offen unterstützten Rechtsopposition war es im Vorjahr mit wochenlangen Demonstrationen und Protesten nicht gelungen, Panamas Regierung genügend zu destabilisieren. Noriega seinerseits beschuldigt die USA, sich mit einer Verleumdungskampagne gegen ihn der Erfüllung der Kanalverträge entziehen zu wollen. Im Rahmen der Torrijos-Carter-Verträge aus dem Jahr 1977 müssen die USA im Jahr 2000 den Kanal zur Gänze an Panama übergeben und ihre Truppen abziehen.

Wenn Noriega zu Fall gebracht wird, dann wohl eher durch die Wirtschaftskrise. Denn die Unruhen des vergangenen Jahres und die Unsicherheit über das Schicksal der Regierung haben eine besorgniserregende Kapitalflucht ausgelöst. Rund acht Mrd. Dollar sollen in letzter Zeit abgezogen worden sein. Der Kapitalmarkt hat sich damit verengt, die Investitionstätigkeit ist fast zum Erliegen gekommen. Die Opposition hofft jetzt, durch neue Unternehmerstreiks eine ausweglose Situation für Noriega schaffen zu können.