Farbeier in Berliner Szene–Kino

■ Rund 50 Maskierte verhinderten die Aufführung von Pornos aus den Zwanziger Jahren / Für den Kollektivbetrieb „Sputnik“ gabs schon vorher Ärger / Sprengsätze gegen Sex–Shops

Berlin (taz) - „Feuer und Flamme für den Staat - gegen Sexismus und Patriarchat.“ Diese Parole ziert seit Freitag die Scheiben des Kollektiv–Kinos „Sputnik“ im Wedding. Hinterlassenschaft von rund 50 maskierten und behelmten Menschen, die zu nächtlicher Stunde die Vorführung von 20er–Jahre–Pornos stürmten, Farbeier auf die Leinwand schmissen und Buttersäure hinterließen. (Sachschaden: 7.000 Mark). Am folgenden Samstagmorgen gingen in zwei Sexshops in der Berliner City Sprengsätze in die Luft, ohne daß dabei jemand gefährdet worden wäre. Pornographie - ein „anschlagsrelevantes“ Thema. Nun trifft es auch „die Szene“. Auch Emma hat in den „Schickimicki“–Linken ja seit geraumer Zeit die neuen Pornographen entdeckt. Für den Kollektiv–Betrieb „Sputnik“ ist das nicht der erste Ärger, den er sich eingehandelt hat - wg. Porno. „Pornographie macht Sexismus sexy“, hieß es in einem Flugblatt, das im Januar das „Sputnik“ aufs Korn nahm. Darin geißelten die Verfasserinnen - „Frauen gegen das Patriarchat“ - den Film „Laß jucken Kumpel“ (Die Schilderung des Arbeits– und Sexuallebens von Bergarbeitern nach einem Buch von Hans–Henning Claer), nicht der erste Sexfilm, der dort gezeigt wurde. „Ist das jetzt nach den Pornos aus den 40er Jahren der erneute Beitrag zur Porno–Diskussion?“ Wohl kaum, meinten die Autorinnen und vermuteten dahinter eher einen „ungestörten Genuß in behaglich linker Atmosphäre“. Selbst mit anschließenden Diskussionen sei es fragwürdig, solche Filme zu zeigen. Wer „mitreden“ wolle, könne überall genügend „Anschauungsmaterial“ finden. Hinter den v.i.S..d.P. vermutet das Kino–Kollektiv nun auch die LeinwandstürmerInnen. In einer öffentlichen Erklärung hat es den Vorwurf, ein links–gemütliches Pornokino zu sein, heftig von sich gewiesen. Von rund 500 vorgeführten Filmen pro Jahr seien durchschnittlich nur 0,175 Prozent heterosexuelle, 1 Prozent schwule und lesbische Pornos. „Wir lassen uns das Zeigen von Filmen von niemand verbieten.“ uhe