Aktionen gegen Atommüll

■ Atommüllkonferenz plant unter anderem Aktionen gegen RWE und Degussa / Abschalttag und bundesweite Demonstrationen / Anti-Atom-Initiativen arbeiten vernetzt / Warnung vor geplanten Modulreaktoren

Neuwied (taz) – Die Anti-AKW- Gruppen in den verschiedenen Standorten „arbeiten nicht mehr alleine vor sich hin“. Dieses Resumee zog ein Sprecher der Anti- Atombewegung nach der Standorte- und Atommüllkonferenz in Neuwied. Rund 250 TeilnehmerInnen aus etwa 70 Orten der Bundesrepublik hatten auf der dreitägigen vor allem weitere Aktionen gegen die Atomindustrie vorbereitet und den gemeinsamen Austausch von Informationen forciert. Die wesentlichen Ergebnisse der Konferenz: Am 5.März sollen drei parallele regionale Demonstrationen stattfinden, davon eine am Atommüllager in Gorleben. Zu den beiden anderen Protestaktionen ruft die Anti-Atom- Bewegung zum gleichen Zeitpunkt nach Essen und Frankfurt auf. In Essen sitzt mit dem Energieversorgungsunternehmen RWE einer der Konzerne, die „hauptsächlich am Atomprogramm beteiligt sind“ und in Frankfurt findet sich der Stammsitz der Nuklear-Firma Degussa, die nun auch offiziell die Aufsicht der Hanauer Nuklearbetriebe übernommen hat. Wolfgang Ehmke aus Hamburg betonte vor allem, daß man in Zukunft nicht nur an den Standorten der Atomanlagen demonstrieren werde, sondern auch vor den entsprechenden Unternehmenszentralen. Darüberhinaus sollen Atom transporte systematisch blockiert werden.

Bereits am 19.März soll dann in Hanau eine bundesweite Demonstration stattfinden. Diesen Termin schlug die Hanauer Bürgerinitiative auf der Konferenz in Neuwied vor. Allerdings fühlten sich einige der Teilnehmer durch den recht kurz nach den 5.März-Aktionen angesetzten Veranstaltung „erpreßt“. Kritik übten einige Konferenzteilnehmer auch daran, daß man sich zu sehr auf Termine gestürzt habe und nicht dazu gekommen sei, angesichts der aktuellen Situation „über die eigene politische Chance zu sprechen“. Auf der Konferenz herrschte allerdings die Überzeugung, daß man die weit verbreitete Stimmung gegen die Atomenergie jetzt in eine „politische Kraft“ umlenken muß. Erst diese könne die sofortige Abschaltung der Atomanlagen erzwingen.

An dem zum Abschalt- und Umschalttag erklärten 29.Februar werden von der Anti-Atombewegung dezentral zahlreiche Protest- und Informationsveranstaltungen stattfinden. Für den Herbst sind weitere einheitliche Aktionen an den Atommüllstandorten – sofern bekannt – vorgesehen.

Die Konferenzteilnehmer forderten die Einstellung aller Strafverfahren und ein Ende der Kriminalisierung der AKW-GegnerInnen. Gewarnt wurde zudem auch noch vor den von dem Unternehmen Siemens geplanten Modulreaktoren. Für den Bremer Kernphyisker Jens Scheer der „letzte Versuch der Atomindustrie“ es doch noch zu einem Exportschlager zu bringen. Scheer meinte zu den mit heißem Graphit betriebenen Nuklearanlagen, sie seien ähnlich gefährlich wie die Tschernobyl-Reaktoren. Felix Kurz