Österreich im Streit um Waldheim-Bericht

■ Innenpolitische Kontroverse um Kommissions-Kompetenz / Historiker bezichtigen Waldheim der „Mitwisserschaft“

Wien (dpa) – Eine innenpolitische Kontroverse über den Schlußbericht der internationalen Historikerkommission zur Untersuchung der Kriegsvergangenheit des österreichischen Bundespräsidenten Waldheim hat sich am Montag in Wien abgezeichnet. Kurz vor der Übergabe des Berichts an die Regierung betonte der konservative Vizekanzler Mock (ÖVP), die Frage „persönlich schuldhaften Verhaltens“ sei der Kardinalpunkt der Untersuchung. Von sozialistischer Seite wie auch von der Kommission war zuvor wiederholt gesagt worden, daß auch ein „Mitwissen“ Waldheims untersucht werde. Das Freiburger Kommissionsmitglied Messerschmidt teilte mit, daß Waldheim kein „persönlich schuldhaftes Verhalten“, wohl aber „Mitwisserschaft“ attestiert werde.

Falls tatsächlich in dem Bericht „Mitwisserschaft“ festgeschrieben wird, könnte dies zu einem Konflikt zwischen den beiden Wiener Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP wegen möglicher „Mandatsüberschreitung“ durch die Kommission führen. Der etwa 200 Seiten umfassende Bericht ist – wie die Mitglieder der Kommission zugaben – nicht vollständig. Bisher ist von jugoslawischer Seite das Original eines vom Der Spiegel veröffentlichten Militärtelegramms nicht vorgelegt worden.

Der Schweizer Kommissionsvorsitzende Kurz unterstrich, daß der Schlußbericht im Namen aller sechs Kommissionsmitglieder zustandegekommen sei. Messerschmidt sagte, Waldheim habe in den Jahren 1942-44 wiederholt „von der Kommandobehörde Meldungen bekommen“, aus denen klar hervorgegangen sei, „was passiert ist“. Insofern könne von einer Mitwisserschaft ausgegangen werden. Sowohl von seiten der Historikerkommission als auch von der österreichischen Bundesregierung wurde am Montag die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß die Historiker ihre Tätigkeit fortsetzen könnten.