Contra unterbricht Diplomatie

Fortsetzung der Gespräche mit den Sandinisten am Mittwoch abgesagt / Begründung von Contra-Führer Chamorro: Unterbrechung der US-Zahlungen an die Antisandinisten / CIA verstärkt Contra-Versorgung  ■ Aus San Jose Georg Hodel

Die Delegation der Contras wird nicht – wie vereinbart – zu Waffenstillstandsverhandlungen nach Guatemala reisen, die für Mittwoch anberaumt waren. Das erklärte Contra-Führer Pedro Joaquin Chamorro Jr. am Sonntag gegenüber der taz. Chamorro, der sich nach strenger Auslegung eines Ultimatums von Präsident Arias eigentlich illegal in Costa Rica aufhält, begründet den plötzlichen Entschluß mit der Abstimmung im US-Repräsentantenhaus, das letzte Woche eine von Reagan beantragte Fortsetzung der Waffenhilfe an die Konterrevolutionäre abgelehnt hat. „Wir ziehen uns nicht aus den Waffenstillstandsgesprächen zurück, aber das Kongreßvotum hat uns vor eine vollkommen neue Situation gestellt.

Wir brauchen daher eine Bedenkzeit von mindestens zwei Wochen“, sagte Chamorro. Überrumpelt von der Abstimmungsniederlage wurde offenbar auch das Weiße Haus: Stabschef Howard Baker mußte gar einen für vergangenen Donnerstag vereinbarten Termin mit Bundesfinanzminister Stoltenberg wegen einer dringenden Sonndersitzung des Nationalen Sicherheitsrates absagen. Als erste Konsequenz aus der Ablehnung des Contra-Paketes will der CIA seine Versorgungsflüge für die Rechtsrebellen bis Monatsende mindestens verdoppeln. Dies meldete der Miami Herald unter Berufung auf Geheimdienstquellen. Am 29.Februar läuft das letzte Militärhilfeprogramm aus. Mit der Verschiebung der Waffenstillstandsverhandlungen wollen die Contra-Führung und die CIA Zeit gewinnen, um die noch in den USA lagernden Restbestände an Waffen und Munition rechtzeitig an die Fronten zu bringen. Ein Geheimdienstbeamter hat die bevorstehende Aktion laut Miami Herald mit der Berliner Luftbrücke am Ende des Zweiten Weltkriegs verglichen. Seit der Unterzeichnung des zentralamerikanischen Friedensabkommens am 7. August hat der Geheimdienst seine Versorgungs- und Aufklärungsflüge über Nicaragua deutlich forciert.

Costa Ricas Präsident Arias nahm den Kongreßentscheid zum Anlaß, in einem Interview mit der Washington Post an die Sowjetunion und Kuba zu appellieren, keine Waffen an die Guerilla in El Salvador und Guatemala zu liefern und auch die Militärhilfe an Nicaragua einzustellen.

Der vom Kongreß verfügte Waffenstop zwingt die CIA, ihre Militärberater und Ausbilder, die den Contras in Honduras zur Seite stehen, bis Monatsende abzuzie hen. Auch die beiden Luftversorgungsstützpunkte Aguacate und auf der karibischen Schwaneninsel sowie das Kommunikationszentrum auf der US-Basis von Palmerola müssen dann aufgegeben werden. Eine Anfang Januar in Nicaragua abgeschossene DC-6 war von der Schwaneninsel gestartet.

Auf diesem karibischen Eiland sollen derzeit zwischen 30 und 50 US-Militärberater im Einsatz stehen. Die Zahl der in Palmerola stationierten Kommunikationsspezialisten wird auf 200 geschätzt. Der Stützpunkt wird von CIA und National Security Agency (NSA) gemeinsam betrieben und dient der Auswertung von Spionagematerial, das von ferngesteuerten Flugkörpern,Aufklärungsflugzeugen, Spionagesatelliten und Radaranlagen rund um das sandinistische Nicaragua zusammengetragen wird. Selbst wenn dieses Kommunikationszentrum jetzt geschlossen werden muß, sollen die Aufklärungsaktivitäten über Sonderfonds von CIA und NSA weiterfinanziert werden. Ohne die logistische Unterstützung durch die USA besteht die Gefahr, daß die Contra-Verbände ihre Kampfkraft verlieren, fürchtet General Alfred Woerner, der Oberkommandierende des US- Südkommandos in Panama. Der General ist besorgt, daß sich die Contras bei nachlassender Kampfmoral „in marodierende Banden“ auflösen.