Fall Schmücker: Neues Material

■ Aktenfunde enthalten Hinweise auf eine Verwicklung des Kronzeugen Bodeux in einen Raubmord in Köln

Berlin (taz) – Das Verwirrspiel seitens der Ermittlungsbehörden im Verfahren um die Erschießung des Ex-Anarchisten Ulrich Schmücker hat jetzt einen weiteren Höhepunkt erreicht. Neue Ermittlungen zu einem fast 15 Jahre zurückliegenden Raubmord im Kölner Stadteil Porz rücken den Hauptbelastungszeugen im Berliner Schmückerverfahren, Jürgen Bodeux, erneut ins Zwielicht. Am 18.12.1973 war in Köln-Porz ein Geldbote überfallen und von den bisher unbekannten Tätern mit einem abgesägten Schrotgewehr erschossen worden. Die Polizei verfolgte damals 90 Spuren, nur die, die zu Jürgen Bodeux führte, nicht. Dieser wurde nämlich 1974 unter dem Verdacht verhaftet, zusammen mit Mitgliedern einer Wolfsburger Kommune am 5.6.1974 in Berlin den abtrünnigen Ex-Anarchisten Ulrich Schmücker erschossen zu haben. Bodeux machte umfassende Aussagen und belastete seine alten Freunde schwer. Das Schmücker-Verfahren zieht sich jetzt über zwölf Jahre hin, und von Anfang an haben die Anwälte den Verdacht geäußert, daß der Kronzeuge Bodeux vor allem vom Verfassungsschutz gedeckt wird. Jetzt ist überaschend in Köln die „Spurenakte 74“ aufgetaucht. Sie gibt Hinweise auf eine mögliche Verwicklung von Jürgen Bodeux in den Raubmord von Köln-Porz. Die 102seitige Akte, birgt einiges an Brisanz. So belegt sie das Interesse des Verfassungsschutzes daran, daß gegen Bodeux in Sachen Raubmord nicht weiter ermittelt wird.

Außerdem beweist die Akte, daß der einzige Fingerabdruck vom Porzer Tatort vernichtet wurde, ohne mit dem Abdruck Bodeux verglichen worden zu sein.

Die Rechtsanwälte im Schmücker-Verfahren, das gegenwärtig zum dritten Mal zur Revisionsentscheidung ansteht, sind nun gespannt darauf, was die „Spurenakte 74“ noch alles beinhaltet.

Nachdem die Anwälte verschiedene Verwaltungsgerichtsverfahren zur Herausgabe unter anderem dieses Fernschreibens angestrengt hatten leitete die Kölner Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen Strafvereitelung im Amt ein. Jetzt kamen sowohl Spurenakte wie auch Fernschreiben zum Vorschein. Sie lagerte die ganzen Jahre über beim 1.Kommissariat der Kripo Köln. Lediglich 48 der 102 Seiten umfassenden Akte waren in das Schmückerverfahren eingeführt worden. time