Rückzug

■ Gorbatschow kündigt Najibullah die Freundschaft

Mit seiner Ankündigung, die sowjetischen Truppen am 15. Mai ohne Rücksicht auf das Schicksal der kommunistischen Regierung unter Najibullah abzuziehen, hat Michail Gorbatschow den gordischen Knoten für eine Friedensregelung in Afghanistan durchgeschlagen und eine Forderung der USA erfüllt. Im Gegenzug haben sich die Amerikaner offenbar bereiterklärt, als Garantiemacht eines blockunabhängigen Afghanistans zu fungieren. Daß Gorbatschow auch den Iran einlud, sich am politischen Prozeß zu beteiligen, weist darauf hin, daß Nägel mit Köpfen gemacht werden sollen.

Schon lange war es auch im Kreml klar, daß die Politik der „Nationalen Aussöhnung“ der afghanischen Regierung nur magere Erfolge brachte, weil es der Widerstand konsequent ablehnte, unter der Oberherrschaft Najibullahs nach Kabul zurückzukehren. Wenn nun Gorbatschow den Truppenabzug von den Verhandlungen über die Zukunft des Landes abkoppelt, überläßt er Najibullah und die afghanischen Kommunisten ihrer eigenen Kraft.

Auch wenn Najibullah die Bildung einer künftigen afghanischen Regierung als „innerafghanische Angelegenheit“ sieht, werden bei den Genfer Verhandlungen Anfang März die Weichen für die zukünftige Regierung in Afghanistan gestellt und die Modalitäten für die Rückkehr der Flüchtlinge diskutiert. Jetzt liegt es an den afghanischen Widerstandsorganisationen selbst, eine einheitliche Verhandlungsposition aufzubauen. Die „Nacht der langen Messer“ jedenfalls soll vermieden werden. Doch dafür sind ab jetzt alle Garantiemächte in die Pflicht genommen. Erich Rathfelder