GASTKOMMENTAR
: Ganz einfache Sache

■ Der überfällige Rücktritt von Waldheim

Erstens ist die Sache sehr kompliziert. Ist dieses Dokument, das aus dem Mitwisser Waldheim den Mittäter machen würde, echt? Wenn es echt ist, drängt sich der Verdacht auf, daß man in Jugoslawien weiß, wo es sich befindet, das heißt wohin es verschwunden worden ist, nachdem der Regierung dessen Existenz durch den Verkauf der Kopie an den Spiegel bekanntgeworden ist. In diesem Falle erschiene es Belgrad offenbar angebracht, in alte Kriegswirren und Winkelzüge des mit dem Rücken an der Wand kämpfenden Tito nicht allzu tief hineinzuleuchten. Wenn es aber eine Fälschung ist, dann ist es vermutlich nur deshalb verschwunden, um sie nicht eindeutig nachweisen zu können. Dann hätte der Spiegel 50.000 DM zum Fenster hinausgeworfen und machte keine so gute Figur wie bei der Aufdeckung des Kieler Krimis.

Zweitens ist die Waldheim-Sache sehr einfach für jeden Nicht-Österreicher, bei dem zwei plus zwei gleich vier ist, während Österreicher immer mit einem politischen Hexeneinmaleins rechnen. Was zum Teufel veranlaßt irgendeinen Politiker oder irgendeine Partei in Wien, Waldheim Schützenhilfe zu geben? Selbst was die Waldheimschen Spurenforscher im amtlichen Auftrag angeht, so kann man über ihre Herumzögerei nur den Kopf schütteln.

Kurz und gut: Der Mann muß von seinem Posten verschwinden, ganz gleich, was er getan hat oder nicht getan hat vor fast einem halben Jahrhundert. Was er jetzt getan hat und tut, reicht absolut dafür, ihn endlich zum Verzicht zu zwingen. Das ist die Affenkomödie, die er en suite spielt, während unser Kölner Waldheim namens Höfer es wenigstens bei einer Aufführung beließ. Sie ist eine derartige Belastung für sein eigenes Land, aber auch für den europäischen Anti-Faschismus schlechthin, der die Kraft nicht hat, einen solchen Sturm zu entfesseln, daß den Wiener Hilfswilligen die Hüte vom Kopf geflogen wären. Ja, das reicht völlig, um uns sagen zu lassen: Mit jedem Tag mehr, den der Mann im Amt bleibt, wird Österreich schmutziger und Westeuropa noch ungemütlicher, als es ohnehin ist. Erich Kuby