Diepgen bei Honecker

■ Gespräche sollen konstruktiv gewesen sein / Weitere Bürgerrechtler ausgereist / Kirche will Ausreisewillige loswerden

Berlin (dpa/taz) - Verbesserungen im Reise– und Besucherverkehr zwischen West– und Ost–Berlin und den baldigen Abschluß eines Vertrages über den seit Jahren geplanten Gebietsaustausch hat DDR–Staats– und Parteichef Erich Honecker dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) zugesagt. West–Berliner sollen künftig bei Tagesbesuchen in Ost–Berlin dort auch übernachten können. Diese Regelung gilt seit Jahren schon für den sogenannten Kleinen Grenzverkehr zwischen der Bundesrepublik und der DDR. In Ost–Berliner Gefängnissen sollen sich trotz gegenteiliger Berichte immer noch weitere Bürgerrechtler befinden, die im Zusammenhang mit den Protestaktionen am 17.Januar verhaftet worden waren. Diese Auffassung vertraten Stefan Telschow (23) und der gleichaltrige Sven Ertel, die am 20.Januar wegen eines Hungerstreiks verhaftet worden waren und am Mittwoch abend in die Bundesrepublik entlassen wurden. Am Donnerstag sind allerdings auch ihre wegen des gleichen „Delikts“ inhaftierten Freunde Holger Knothe (23) und Peter Wieswede (24) im Aufnahmelager Gießen eingetroffen. Bisher unbestätigte Informationen aus Ost–Berlin beinhalten, daß es trotz der Entlassungen in den Westen weitere Hausdurchsuchungen, Kontrollen und Vorladungen bei der Polizei und der Stasi gegeben habe. Befürchtet werden weitere Verhaftungen. Der ungeheure Ansturm von ausreisewilligen DDR–Bürgern auf die Erlöserkirche in Ost–Berlin ist inzwischen abgeklungen. Dazu hat eine Erklärung des Generalsuperintendenten Günter Krusche, die in der Ost–“Berliner Zeitung“ abgedruckt wurde, beigetragen. In dem Artikel warnt Krusche vor falschen Hoffnungen in bezug auf die Hilfe der Kirche bei Ausbürgerungsverfahren. Diese könne nur eine rein seelsorgerische sein. Am Montag war es zu langen Warteschlangen vor der Kirche gekommen, weil viele DDR–Bürger „konkrete Hilfe der Kirche bei Ausbürgerungsverfahren“ erwartet hatten. Auch beim Diepgen–Besuch kam es zu Zwischenfällen. Mit dem Ruf „Helfen sie uns“ versuchte ein junger Mann vor der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik den gerade anfahrenden Regierenden auf sein Anliegen aufmerksam zu machen. er