Opernball ohne Schwarzenegger, mit Waldheim

Drinnen die Debütantinnen der Wiener Gesellschaft, draußen ein paar Tausend DemonstrantInnen / Frau von Polizeiwagen vor der Oper schwer verletzt / „Ge, Kurti, ge!“ / 1.750 Polizisten im Einsatz unter der Devise: Kein Sichtkontakt zur Oper  ■ Aus Wien Martina Kirfel

Auf dem diesjährigen Wiener Opernball klappte von der Fächer- Polonaise bis zum Donauwalzer alles wunderbar. Trotz der Absagen von Hussein und Schwarzenegger „ließ sich die Stimmung nicht bremsen“, hießt es in der österreichischen Presse. Bundespräsident Dr. Kurt Waldheim und Prominente wie der Kammersänger Hermann Prey, Alt-Winnetou Pierre Brice und der Magenbitterkönig Emil Underberg krönten das Fest.

Während drinnen die Debütantinnen den Ball eröffneten, hatten sich draußen auf dem Ballhausplatz an die 4.000 Demonstranten zum Anti-Opern-Ball versammelt. Im Laufe der Demonstration, die noch am Vortag verboten worden war, kam es zu einem schweren Zwischenfall: Eine 25jährige Frau, die zu den Ordnern der Veranstaltung gehörte, wurde von einem mitten in die Menschenmenge hineinsteuernden Polizeiwagen überfahren. Sie liegt mit schweren Verletzungen im Krankenhaus. Schon am frühen Morgen hatten Demonstranten den Opernring mit einer schweren Eisenkette blockiert und den Verkehr lahmgelegt. Gleichzeitig warb ein Piratensender, der in den Ö3 hineinfunkte, für die Teilnahme an der verbotenen Demonstration.

„Ge, Kurti, ge!“ skandierten Tausende auf der Kundgebung am Ballhausplatz. Die Demonstranten kamen aus allen politischen Spektren. Ihr Protest richtete sich nicht allein gegen Kurt Waldheim. Sie protestierten gegen die Einschränkung der Demokratischen Grundrechte, gegen Sozialabbau, Arbeitslosigkeit und Korruption der großen Koalition von SÖ/ ÖVP.

Um das Demonstrationsverbot vor der Oper durchzusetzen, waren 1.750 Polizisten mobilisiert worden. Die Route zum Messepalast war von der Polizei festgelegt worden. Niemals Sichtkontakt zur Oper, hieß die Devise. Deshalb leitete sie den Demonstrationszug dreimal um. Dreimal stießen die Demonstranten frontal auf „Technische Absperrungen“, dreimal mußte der Menschenstrom vollständig umkehren, zweimal davon geriet er in einen Halbkessel.

Beim dritten Mal passierte es. Entgegen den Abmachungen mit der Polizei befand sich plötzlich mitten in der vor- und zurückwogenden Menge eine kleine Polizeistreife, drei Polizeimotorradfahrer. Sie versuchten, eine Frau festzunehmen und erhielten Ver stärkung von einem Streifenwagen, der wild in die Menge hineinfuhr. „Die Leute rannten auseinander. Kaum vier Meter vor dem Wagen stolperte eine Frau. Sie fiel hin. Der Wagen bremste nicht, er fuhr einfach weiter. Sie hat sich nicht mehr retten können und ist überfahren worden. Es war wahnsinnig. Der Wagen rollte dann zurück und fuhr noch ein zweites Mal über sie“, berichtete der Augenzeuge Martin Palansky. Die Frau blieb schwer verletzt liegen, fast ein Fall Sare in Österreich. Der Fahrer des Polizeifahrzeuges beging Fahrerflucht. Die Grünen im Parlament haben der Polizei „vorprogrammierte Gewalttätigkeit und totale Verantwortungslosigkeit“ vorgeworfen. Trotz der polizeilichen Gewalt bieben die Demonstranten strikt gewaltfrei. Es gelang ihnen, bis tief in die Nacht den Autoverkehr in der Wiener Innenstadt zu blockieren.