Breites Bündnis unterwegs zum Auf-Ruhr

Gemeinsame Diskussionsveranstaltung von Gewerkschaftlern und Autonomen zum Thema „Auf-Ruhr: Krupp Stahl-Rheinhausen“ / Theo Steegmann, zweiter Betriebsratsvorsitzender bei Krupp-Rheinhausen stand Rede und Antwort / Viele Fragen, wenig Diskussion  ■ Von T. Meyer/M.Kniesburges

Berlin (taz) – Das Anliegen war „Auf-Ruhr“ und alle waren gekommen: Altlinke aus der 68er Bewegung, junge Autonome, linkssozialdemokratische Gewerkschaftsfunktionäre, die Basis der Alternativen Liste, KollegInnen aus den Betrieben und selbstredend die VertreterInnen der MLPD. Pünktlich um 19 Uhr war der Saal im „Haus der Kirche“ in Berlin-Charlottenburg am Freitag abend voll. Geladen hatte das „Solidaritätskomitee Rheinhausen/West-Berlin“, das gleich zu Beginn der Veranstaltung auf seine ungewöhnliche Zusammensetzung hinwies: Mitglieder West-Berliner Stadtteil- und autonomer Gruppen, KollegInnen und Gewerkschaftsfunktionäre aus den Betrieben.

„Was uns zusammengebracht hat, war der Kampf um Rheinhausen. Wir unterstützen den Kampf nicht nur, weil wir ihn für einen berechtigten Kampf halten, sondern weil wir daraus etwas lernen können,“ erläuterte Ralf Ptak, Autonomer und Betriebsrat bei der Firma „Werner & Kolb“ in einer Person, zur Eröffnung das Anliegen des Solidaritätskomitees. Neben ihm auf dem Podium: Theo Steegmann, zweiter Betriebsratsvorsitzender der von Schließung bedrohten Krupp-Stahlhütte in Duisburg-Rheinhausen, um deren 5.300 Arbeitsplätze seit Wochen gekämpft wird. Ebenfalls aus Rheinhausen angereist, Olaf, Jugendvertreter in der Krupp- Stahlhütte. Als Sprecher aus Berliner Betrieben hatten Georg Nassauer, Betriebsrat bei Siemens und Mitglied der IG Metall-Ortsverwaltung Berlin, und Karl Köckenberger, Vertreter des unabhängigen Solidaritätskomitees und Betriebsrat bei Krupp-Berlin, auf dem Podium Platz genommen.

So pünktlich er begonnen hatte, so vorbildlich diszipliniert gestaltete sich der Abend. Zunächst vier Referate zur Situation in Rheinhausen und den parallel verlaufenden Entwicklungen auf dem Berliner Arbeitsmarkt, anschließend Beiträge aus dem Publikum.

Theo Steegmann stellte vorweg erstmal eins klar: „Wir sind nicht solche Blödköpfe, die nichts anderes als erbittert an ihren Stahlarbeitsplätzen festhalten wollen. So schön sind die auch nicht.“ Daß sich die Rheinhausener in einem sinnlosen Kampf an einem eh längst verlorenen Stahlstandort festklammerten, das suggeriere in aller Akribie derzeit die bürgerliche Presse. Den Stahlarbeitern gehe es jedoch um ihre Existenzgrundlage, die nicht notwendig an den Stahl geschmiedet sein müsse. Brauchbare politische Konzepte für das Revier müßten her. Und zwar andere, als solche „blinden, aus der Hüfte geschossenen Programme“ wie die von Blüm aus Bonn oder von „unseren Freunden aus Düsseldorf“.

Was seine Organisation, die IG Metall angeht, so konstatierte Steegmann, daß sie um demokratischere Strukturen nicht herumkomme, um sodann in schöner Offenheit festzustellen: „Von dem alten Streit Führung – Basis halte ich nichts.“

Im Publikum wurde dieser alte Streit jedoch längst nicht so gelassen abgehakt. Wissen wollte man von Steegmann, wie es denn um die finanzielle Unterstützung seitens der IG Metall stehe und ob die IG Metall – sozialdemokratische Konzepte schon fertig in der Hand – nicht eher abwiegele. Unmut der Versammelten zog sich der MLPD-Vertreter zu, der erst nach langatmigen Ausführungen zu seiner Forderung nach entschädigungsloser Enteignung und Besinnung auf die revolutionäre Perspektive kam.

Die geplante Diskussion blieb im Frage-Antwort-Stadium stecken. Wie es um die Solidarität zwischen Deutschen und Ausländern oder wie es mit der Solidarität der anderen Stahlbelegschaften stehe, wollte man wissen.

Die vom Solidaritätskomitee angepeilte Frage, wie „die Kämpfe innerhalb und außerhalb der Betriebe zu verbinden“ seien, war zumindest bei diesem Zusammentreffen nicht das zentrale Thema. „Man muß selbstkritisch sagen, daß es Aufgabe der Autonomen gewesen wäre, ihre Anliegen auch offensiv vorzutragen,“ zog Volker, Autonomer im Solidaritätskomitee Rheinhausen/ West-Berlin, Bilanz des Abends. „Das ist nicht passiert, das war eher lasch.“