Uran-Schiebereien „nicht anstößig“

■ EG-Kommission deckt dubiose Praktiken im weltweiten Uranhandel / Betroffene Firmen bestätigen die Tauschgeschäfte / IAEO: „Material ist Material“ / Deklarierte Herkunft für die Kontrolleure „uninteressant“

Berlin (taz/dpa/ap) – Die EG- Kommission hält die von der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) abgesegneten Schiebereien im internationalen Uranhandel für legal. „Der Flaggentausch ist kein Geheimnis“, sagte ein Sprecher der Kommission zu dem Bericht des Spiegel. Die Umdeklarationen seien „international anerkannt“.

Unterdessen haben auch die Hanauer Skandalfirma NUKEM und das Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerk (RWE) den Bericht des Nachrichtenmagazins bestätigt. Übereinstimmend erklärten beide Firmen, alle Veränderungen der Herkunftsangaben seien mit Billigung und unter der Kontrolle von Euratom durchgeführt worden.

NUKEM-Sprecher Pompetzki kann daran „im Kern nichts Anstößiges“ entdecken. Bei den Umdeklarationen gehe es darum, Urantransporte in großem Maßstab einzusparen. „Es ist einfacher, Uran-Geschäfte auf dem Papier zu machen, als das Material weltweit zu verschiffen“, sagte Pompetzki. Die NUKEM-Urangeschäfte seien von der Teilstillegung des Unternehmens Mitte Januar nicht berührt und gingen in vollem Umfang weiter. Das Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerk wies in einer Erklärung den Vorwurf zurück, internationale Verträge seien gebrochen worden. Der Spiegel hatte geschrieben, mit den weltweiten Uranschiebereien seien Sicherheits- und Handelsauflagen der Herkunftsländer Australien, Kanada und USA bewußt und gegen deren erklärten Willen umgangen worden. Die sogenannten Schürfländer hatten mit ihren Auflagen verhindern wollen, daß aus ihrer Förderung Uran abgezweigt oder waffenfähiges Material produziert wird. Außerdem sei unter Umgehung entsprechender Handelsembargos billiges südafrikanisches Uran falsch deklariert in die USA und die Sowjetunion eingeschleust worden. Der Leiter der Hanauer Staatsanwaltschaft, Albert Farwick, erklärte, seine Behörde wisse seit einigen Wochen von den Tauschgeschäften. Das ganze Ausmaß sei ihm allerdings bislang nicht bekannt gewesen. Sollten internationale Abkommen verletzt worden sein, sei die Staatsanwaltschaft Hanau jedoch nicht gefragt.

Die Internationale Atomüberwachungsbehörde IAEO in Wien erklärte sich unterdessen erneut für nicht zuständig. „Wir haben damit nichts zu tun“, sagte IAEO- Sprecher Hans-Friedrich Meyer gegenüber der taz. Für die IAEO sei „Material Material“. Herkunft oder deklarierte Herkunft seien für die Kontrolleure uninteressant. gero