P2-Chef Licio Gelli kehrt heim

Die Schweiz hat ehemaligen Logenmeister der italienischen Justiz übergeben / Auslieferungsbedingungen für Gelli ungünstig / Geheimloge P2 war 1981 aufgeflogen  ■ Aus Rom Werner Raith

Der ehemalige Chef der italienischen Geheimloge „P2“, Licio Gelli, ist in der Nacht zu Mittwoch von den Schweizer Behörden der italienischen Justiz überstellt worden. Nach Verbüßung der zwei Monate Haft wegen Verwendung falscher Papiere in der Schweiz steht der Sicherheitstrakt des Gefänginsses in Parma bereit zur Aufnahme des Logenmeisters.

Die Geheimloge „Propaganda 2“, in der sich in den siebziger Jahren an die 1.000 Minister, Staatssekretäre, Politiker, Geheimdienstchefs, Armeegenerale, Polizeiführer, Finanziers, Medienzaren, Journalisten und Unternehmer vereint hatten, war 1981 aufgeflogen.

Das Ziel nach Erkenntnissen der Untersuchungskommission des Parlaments: Die Verhinderung des „Linksdrifts“ Italiens, möglicherweise auch ein Staatsstreich, auf jeden Fall gegenseitige Beförderung der P2ler in hohe Ämter und viel, viel Profit aus unsauberen Geschäften, vom Waffenhandel bis zu Grundstücksspekulationen in Südamerika.

Die Hand im Spiel sollen die geheimen Brüder auch in allerlei Sprengstoffanschlägen neofaschistischer Gruppen, wie das Attentat auf den Bahnhof von Bologna 1980 (85 Tote), gehabt haben. Doch all das wird man Gelli nun nicht gerichtsverwertbar anhängen können – die Schweiz hat seine Auslieferung an Italien nur in einem einzigen, vergleichsweise unwichtigen, Anklagepunkt gestattet: den betrügerischen Bankrott des Mailänder Geldinstituts Banco Ambrosiano, das mit mehr als einer Milliarde Dollar hängenblieb und deren Chef Roberto Calvi 1982 in London erhängt aufgefunden wurde.