Israels Soldaten bekriegen die Medien

In- und ausländische Presse- und Fernsehjournalisten werden häufig bei der Arbeit in den besetzten Gebieten behindert / Zeugen und Beweismaterial wie Fotos oder Filme sollen vermieden werden / Militärbehörden mauern, es gibt kaum Ermittlungen  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Fast täglich kommt es in den israelisch besetzten Gebieten zu Zusammenstößen zwischen der Armee und demonstrierenden Palästinensern. Vor allem Fernsehjournalisten und Pressefotographen werden oft gehindert, ihrer Arbeit nachzugehen. Am Dienstag beispielsweise zeigte das israelische Fernsehen einen kurzen Filmbericht über einen Angriff israelischer Soldaten auf ein Team der US-Fernsehgesellschaft NBC. Viel war nicht zu erkennen, denn auch der israelische Kameramann, der die Szene filmte, wurde beim Drehen behindert. Immerhin konnten die Zuschauer beobachten, wie ein Soldat nur mit Mühe davon abgehalten werden konnte, mit dem Gewehrkolben auf den amerikanischen Kameramann einzuschlagen.

Zu solchen Vorfällen kommt es auch in Gebieten, die nicht vom Militär zu „geschlossenen Zonen“ erklärt wurden. Für das Vorgehen schwerbewaffneter Soldaten gegen palästinensische Jugendliche, für Schießereien und Prügeleien, den Umgang mit der Bevölkerung oder Szenen nach Festnahmen möchte man keine Zeugen haben, und vor allem keine Filme oder Fotos. Die Journalisten sollen sich mit den offiziellen Erklärungen zufrieden geben. Wären beispielsweise die Ereignisse in Salem bei Nablus, wo vier junge Palästinenser von Soldaten bei lebendigem Leibe mit einer Planierraupe begraben wurden (siehe taz vom 16.2.), nicht in die arabische und später auch hebräische Presse gelangt, hätte es keine Unannehmlichkeiten für die Behörden gegeben.

Daß Medien unbequem sind, wenn Soldaten die Bevölkerung eines besetzten Landes „eines Besseren belehren“, ist mittlerweile auch zu den einfachen Solda ten durchgedrungen, die für den Umgang mit der Presse ihre Anweisungen von oben erhalten. Nicht nur Auslandskorrespondenten, sondern auch israelische Journalisten beschweren sich über den „Haß des Militärs“ gegen die Presse. „Die Feindseligkeit gegenüber den Medien ist bei den Soldaten in den besetzten Gebieten heute fast ebenso groß wie gegenüber den steinewerfenden arabischen Kindern“, meint Danni Rubinstein von der Zeitung Davar. Außerdem werde es immer schwieriger, die Masse der Greuelberichte, die den Journalisten täglich zu Ohren kommen, zu überprüfen. „Es geht nicht um Einzelfälle oder Ausnahmen, sondern um ein ganzes System von Operationen einer Armee, die in der unmöglichen Situation steckt, einen Kampf gegen Frauen und Kinder führen zu müssen. Ein Journalist, der darüber berichtet, wird fast automatisch als Gegner definiert“, meint der Experte für die besetzten Gebiete.

Sein Kollege Joshua Brillant, Militärkorrespondent der Jerusalem Post, beklagt sich darüber, daß die Militärbehörden keine oder nur spärliche Informationen über ihre angeblichen Untersuchungen und deren Resultate geben, wenn es zu Beschwerden wegen eines „Übergriffs“ kommt. Anfragen beim Militärsprecher oder hohen Offizieren blieben in der Regel ohne Antwort.