Aufregung über Waldheim-Appelle

■ Die Knesset in Israel forderte Rücktritt Waldheims / ÖVP will Waldheims Sitzfleisch respektiert sehen

Berlin (taz) – Weltweite Aufregung in den Medien erregte die einstimmig beschlossene Aufforderung der israelischen Knesset an die österreichischen Bürger, ihren Waldheim zu stürzen und ihn als Kriegsverbrecher vor Gericht zu stellen. Österreich reagierte prompt und ebenfalls einstimmig: Heftige Empörung über die israelische Einmischung in innerösterreichische Angelegenheiten machte sich breit und die Führung der konservativen Regierungspartei ÖVP forderte in einem Appell an „alle Demokraten“, Waldheims Anhänglichkeit an sein Amt zu respektieren. Doch Empörung macht manchmal blind. Die einstimmige Entscheidung in der Knesset stellte sich jetzt als Votum von Aussitzern heraus. Am Ende einer zunächst vollbesetzten, demnach beschlußfähigen Sitzung, waren nur noch acht Abgeordnete übriggeblieben. Sie nutzten die Gunst der Stunde und entschieden über die Resolution, die nun als offiziell gilt, und die israelische Regierung in die unangenehme Lage brachte, Wien besänftigen zu müssen. Eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten Österreichs sei – von ihr zumindest – nicht beabsichtigt gewesen. Doch auch die Einstimmigkeit beim ÖVP-Appell scheint eher Zwistigkeiten zu verdecken: die innerparteiliche Kritik an Außenminister Mocks Waldheim-Verteidigung wächst und soll auf jener Sitzung erstmals offen geäußert worden sein. Der stellvertretende ÖVP-Vorsitzende forderte inzwischen die Absage aller Gedenkfeiern am 50. Jahrestag des Anschlusses. –ant-