Umgehungsstraße

■ Zur israelischen Konfliktbewältigung in Palästina

Letzte Woche wurde es den Israelis verwehrt, einen Fernsehsketch zu sehen, in dem eine Familie gemütlich vorm Bildschirm saß, während sich vor ihrem Fenster ein Feuer ausbreitete. Nun hat sich die israelische Regierung angesichts des palästinensischen Aufstands in den besetzten Gebieten entschlossen, im wahrsten Sinne des Wortes eine politische Umgehungsstraße einzuschlagen.

Während die Zahl der Toten am Wochenende auf 61 gestiegen ist und die Revolte mittlerweile solche Ausmaße angenommen hat, daß israelische Journalisten beginnen, den zunächst verwandten Begriff der „Unruhen“ durch den des „israelisch-palästinensischen Krieges“ zu ersetzen, fällt es der Regierung in Jerusalem ein, dem Problem mit einem neuen Straßenbauprogramm zu Leibe zu rücken. So, wie die Autofahrer künftig arabischen Ortschaften und Flüchtlingslagern ausweichen sollen, weicht die Regierung den immer dringlicheren grundsätzlichen Fragen nach der Zukunft des Staates Israel aus. Wo Straßenbau die Politik ersetzt, sind die Chancen auf ein Umdenken, auf Änderung vollends zubetoniert.

So, wie die Familie in dem erwähnten Sketch in völliger Verkennung der Realität auch dann noch vor übereilten Schritten warnt, als die Hose des Vaters bereits Feuer fängt, stellt sich die israelische Regierung blind und taub, frei nach dem Motto: Augen zu und durch. Beate Seel