Mit dem WDR dabei

■ Die „Hier und Heute“–Sendung schaltete sich live ein

Was der DGB zumindest mit seinen in traditionellem Ritus zelebrierten Demonstrationsmärschen in Bielefeld, Dortmund und Hattingen kaum schaffte, nämlich bei allen Bürgern in Nordrhein–Westfalen Betroffenheit über die miserable Lage bei Stahl und Kohle und in anderen Branchen des industriellen Kernlandes der Republik zu wecken, das schaffte der Landessender WDR. In der bisher längsten Sendung in der über dreißigjährigen Geschichte der Regionalsendung „Hier und Heute“ präsentierte das WDR– Fernsehen am Samstag abend Live–Bilder von drei Standorten im Ruhrgebiet. Während auf der einen Seite immer wieder in das alte Walzwerk von Rheinhausen geschaltet wurde, um als Unterhaltungselement Konzertausschnitte vom „AufRuhr“ einzublenden, wurden an den Standorten Essen und Bochum die Zuschauer mobilisiert. In Essen wurden die Zuschauer für die am kommenden Dienstag abend geplante Menschenkette durch das Revier dazu animiert, „mit allem, was brennt“ zum Ü–Wagen auf einer Ruhr–Brücke zu kommen. Vor dem Bochumer Bergbaumuseum hatte der WDR 35.000 Liter bleifreien Supersprit, hergestellt aus Ruhrkohle, angeboten, um zu testen, ob die Solidarität der Ruhrpöttler auch soweit reicht, daß sie dieses Benzin zum Herstellungspreis von 2,20 DM kaufen würden: Die Kanister gingen weg wie warme Semmel. Aus Rheinhausen zeigte eine andere Aktion des „Hier und Heute“–Teams einen Mitarbeiter, der Krupp–Aktien wie sauer Bier anbot, um zu sehen, wieviel den Bürgern dieses Papier noch Wert ist. Sie boten Eier und Kartoffeln. Im Innenraum des Bochumer Bergbaumuseums versuchte ein WDR– Moderator zwischen Konzerttakes der „Toten Hosen“ Norbert Blüm, Jutta Ditfurth, den FDP– Landesvorsitzenden Möllemann und SPD–Innenminister Schnoor zu Rollenspielchen zu animieren. „Die Vorgänge um Rheinhausen sind viel zu ernst, um für solche Spielchen mißbraucht zu werden,“ meinte Blüm dazu. Er war auch nicht bereit, eine Prognose über Rheinhausen in einem Jahr abzugeben. Wütende Beschimpfungen waren die Quittung. Jürgen Bischoff