Skins schlugen Besetzer halbtot

■ Besetzer der Sprengel-Fabrik in Hannover schwebt in Lebensgefahr / Vier Tatverdächtige wieder frei

Hannover (taz) – Bei einem Überfall von Neonazis ist in der Nacht auf Samstag ein Bewohner der besetzten Sprengel-Fabrik in der hannoverschen Nordstadt lebensbedrohlich verletzt worden. Der 26jährige Kai Uwe N., der zusammen mit einem weiteren Besetzer von vermutlich acht Skinheads angegriffen wurde, erlitt durch einen Steinwurf schwere Schädelbrüche und einen Lungenriß durch mehrere Messerstiche in den Rücken. Nach Angaben der Polizei schwebt er immer noch in Lebensgefahr. Kai Uwe N. und sein Begleiter wurden angegriffen, als sie sich auf einem Kontrollgang in einer Straße hinter dem besetzten Fabrikgelände befanden. In der Sprengel-Fabrik, die schon wiederholt Ziel rechtsradikaler Anschläge gewesen ist, war zuvor eine Warnung vor anrückenden Neonazis eingegangen. Nach Angaben von Zeugen schossen die acht Rechtsradikalen, die sich mit weißen Tüchern maskiert hatten, mit Leuchtspurmunition auf Kai Uwe N. und seinen Begleiter.

Die Skins warfen Steine und auch einen Molotow-Cocktail nach ihnen, der unter starker Rauchentwicklung auf der Straße abbrannte. Als weitere Besetzer und kurz darauf die von Anwohnern alarmierte Polizei hinzukamen, lag der 26jährige Sprengel-Bewohner bereits bewußtlos auf der Straße. Die maskierten Rechtsradikalen waren zu einer nahen Straßenbahnhaltestelle geflohen und davongefahren. Die Polizei allerdings, so schilderten es die Betroffenen, kontrollierte anschließend vor allem die Besetzer. Nur einer der angerückten Streifenwagen sei der Straßenbahn gefolgt.

Vier Tatverdächtige, die im Gefolge dieser „Sofortfahndungsmaßnahmen“ in einem nahen Park festgenommen wurden, mußte die Polizei am Samstag wie der freilassen. Der zuständige Haftrichter lehnte es ab, gegen die vier, die die Polizei als einschlägig bekannt bezeichnete, einen Haftbefehl zu erlassen. Der die Ermittlungen leitende Beamte, Kriminalhauptkommissar Giesler vom hannoverschen Kriminaldauerdienst, sprach am Samstag abend von „rivalisierenden Jugendgruppen“, die sich „da ein bißchen ins Gehege gekommen“ seien. th/ü.ö