EG-Budgetverhandlungen erneut geplatzt

■ Auch nach vermeintlichem Gipfelerfolg von Brüssel weiter Streit um Einnahmen / Italiens Weigerung

Brüssel (dpa) – Nothaushalt ist weiterhin angesagt: Die Finanzminister der zwölf EG-Länder haben sich am frühen Mittwoch morgen in Brüssel nicht auf einen Haushalt der Europäischen Gemeinschaft für 1988 einigen können. Die italienische Regierung verweigerte die Zustimmung zu dem Budget. Sie bemängelte, Italien müsse bei der Finanzierung einer Beitragsrückerstattung für Großbritannien mehr zahlen als andere EG-Länder.

Der Vorsitzende des EG-Mini sterrates, der deutsche Finanzstaatssekretär Hans Tietmeyer, sagte, falls Rom nicht bis zum nächsten Montag doch noch sein Einverständnis mit dem EG- Haushalt bekunde, müsse der Ministerrat erneut zusammentreten.

Nach der Einigung der EG-Regierungschefs bei ihrem Gipfeltreffen vom 12. Februar über die Erhöhung der Zahlungen an die Gemeinschaft und die Neubemessung der Mitgliedsbeiträge hatten Diplomaten erwartet, daß das EG- Budget 1988 in der Nacht zum Mittwoch beschlossen werden könne. Vier vorherige Versuche der EG-Minister waren fehlgeschlagen, weil die Ausgaben nicht durch Einnahmen gedeckt wurden.

Einvernehmen herrschte nach Angaben von Tietmeyer über das Volumen der Ausgaben, die mit 43,38 Milliarden ECU (89,8 Mrd DM) um 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr anwachsen werden. Dabei werden für die Garantie der Agrarpreise 27,5 Milliarden ECU (56,9 Mrd DM) ausgegeben. Ursprünglich hatte die EG-Kommission nur 27,25 Milliarden ECU für die Agrarpolitik vorgesehen, doch bemängelte vor allem Frankreich, daß damit die vom Gipfeltreffen festgesetzte Ausgabengrenze von 27,5 Mrd ECU nicht völlig ausgeschöpft werde.

Das komplizierte Verrechnungssystem führt jedoch nach Ansicht der italienischen Delegation dazu, daß Italien mehr Beiträge zum EG-Budget zu leisten hat als andere Staaten. Nach Angaben von Tietmeyer handelt es sich bei dem strittigen Betrag zwischen Italien und den anderen Gemeinschaftsländern um 118 Millionen ECU (244 Mio DM) in diesem Jahr. Der Streit gehe im Wesentlichen um die Lastenverteilung bei der Finanzierung der Beitragsermäßigung für Großbritannien.

Neben dem Eingehen auf die französische Forderung nach einer vollen Ausschöpfung der sogenannten Agrarleitlinie von 27,5 Milliarden ECU legte der Haushaltsministerrat auch einen Streit um Ausgaben für zusätzliche EG- Beamtenstellen in Höhe von 15 Millionen ECU (31 Mio DM) bei. Die ärmeren EG-Länder hatten kritisiert, daß diese Stellen zur Verwaltung der verdoppelten Mittel zugunsten der sogenannten Strukturprogramme aus den Strukturfonds finanziert werden sollten.