Spielverderber Blüm und Schnoor pottsauer

■ NRW-CDU-Vorsitzender Blüm und SPD-Innenminister Schnoor beschweren sich in einem gemeinsamen Brief beim NDR über ihren eigenen mißglückten Auftritt / FDP-Landesvorsitzender Möllemann sprengte Solidarität der Demokraten

Bochum (taz) – Seltene Eintracht herrscht derzeit zwischen Herbert Schnoor, SPD-Innenminister in Düsseldorf, und Bundesarbeitsminister Norbert Blüm, in seiner Funktion als Vorsitzender der NRW-CDU. In einem gemeinsamen Brief an den Intendanten des WDR, Friedrich Nowottny, und den Vorsitzenden des WDR- Rundfunkrates, Reinhard Grätz (SPD-MdL), beschweren sich die beiden Politiker bitterlich über ihren verunglückten Auftritt in der WDR-Regionalsendung „Hier und Heute“ vom vergangen Samstag (siehe taz v. 22.2.). Die Sendung stand unter dem Motto „Ist das Ruhrgebiet noch zu retten?“ und war als Show mit Einspielfilmen, Live-Übertragungen vom Solidaritätskonzert im Rheinhausener Walzwerk und Mitmachaktionen für Zuschauer einmal vollkommen anders gemacht als gemeinhin üblich. Auf unterhaltsame Weise wollte die Redaktion versuchen, den Zuschauern die Strukturkrise in der Ruhr-Wirtschaft nahezubringen. Zum Eklat kam es, als der von Radio Bremen ausgeliehene „Extratour“-Moderator Christian Berg Politiker der vier Bundestagsparteien auf dem Podium im Bochumer Bergbaumuseum in ein Rollenspiel verwickeln wollte. Um eine der üblichen Podiumsdiskussionen zwischen den Politikern zu vermeiden, animierte Moderator Berg als erstes das verhinderte Show-Talent Möllemann (FDP-Landesvorsitzender) dazu, einmal einen Betriebsratsvorsitzenden zu mimen, der soeben erfahren hat, daß sein Betrieb stillgelegt werden soll. Ohne Murren stellte sich Möllemann in die Bütt und hielt eine flammende Rede.

Als nächste sollte Jutta Ditfurth eine Stahl-Aufsichtsratsvorsitzende spielen, die den Betrieb stilllegen soll. Nur mit Mühe brachte Berg die landesfremde grüne Bundesvorstandsfrau davon ab, ein allgemein-grünes Statement abzugeben. Das machte Blüm und Schnoor Mut, voll auf die Spielverderber-Schiene einzuschwenken: „Ich eigne mich nicht zu Maskeraden,“ meinte Blüm, der ein Bürgerkomitee zur Verteidigung des Stahlwerkes gründen sollte. „Die Lage ist viel zu ernst, als daß sie sich zu Gags eignet,“ wandte Schnoor ein.

Als die Politiker dann auch noch eine Prognose für Rheinhausen im Jahre 1989 geben sollten und Blüm sich auf dreimalige hartnäckige Nachfrage von Moderator Berg nicht festlegen lassen wollte, waren sie endgültig sauer. „Seien Sie jetzt ruhig!“, fuhr Schnoor einen Zwischenrufer an. Blüm versuchte abzulenken, indem er dem Moderator als Landesfremden jegliche Kompetenz absprach, und Möllemann fiel erst nach der Sendung auf, daß sein naßforscher Betriebsratsauftritt die „Solidarität der Demokraten“ unterlaufen hatte. Seine Beschwerde über den Moderator kam erst im Off.

Schnoor und Blüm verfaßten daraufhin am Montag einen gemeinsamen Brief an Intendant Nowottny und den Rundfunkrat, in dem sie nach den Verantwortlichen für die Sendung fragen. Der Brief gipfelt in der Phrase: „Wir akzeptieren nicht, daß eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt sich dafür hergibt, die Repräsentanten dieses demokratischen Staates von vornherein ins Abseits zu stellen und sie nach Möglichkeit lächerlich zu machen.“ Die Redaktion von „Hier und Heute“ wies die Kritik der Politiker zurück. Sie seien in Vorgesprächen auf den Revue-Charakter und den Ablauf der Sendung hingewiesen worden. boff