Jagdszenen in Hessen

Heimlicher AIDS-Test an afrikanischer Asylbewerberin / Landrat läßt vor der „HIV-positiven Prostituierten“ warnen / Frau beinahe zu Abtreibung genötigt  ■ Von Antje Friedrich

Frankfurt (taz) – Im hessischen Fulda wurde mit einer beispiellosen Kampagne gegen eine schwarzafrikanische Asylbewerberin vorgegangen. Wie erst jetzt über den hessischen Landtags- Grünen Fritz Hertle bekannt wurde, unternahm der Hünfelder praktische Arzt Greiner bei der 28jährigen Ghanaerin Abena Bembomah im November bei einer Blutdruckuntersuchung einen heimlichen AIDS-Test. Seine HIV-“Diagnose“: Frau Bembomah sei positiv und Prostituierte. Das Gesundheitsamt unternahm daraufhin ebenfalls einen heimlichen Test mit dem gleichen Ergebnis. Daraufhin trat Landrat Kramer (CDU) auf den Plan: Er ließ melden, daß es sich bei Frau Bembomah um eine infizierte Prostituierte handele und warnte trotz Schweigepflicht alle Personen, „die mit ihr Intimkontakt gehabt haben“. Frau Bembomah hat im Januar einen ämterunabhängigen Test vornehmen lassen: Sie ist nicht infiziert.

Was infolge der Presseerklärung des Landrates eintrat, schildert Frau Bembomah. „Die Leute sahen mich an, als ob ich vom Mond käme. Seither will keiner mehr mit mir sprechen, mich anfassen oder mit mir Tischtennis spielen. Auch kochen soll ich nicht mehr.“ Die einzigen Menschen, die sich in diser Zeit mit ihr beschäftigten, waren ihr Hanauer Freund, der die Vorfälle auch an die Öffentlichkeit brachte, sowie der Leiter des Flüchtlingsheimes.

Kurz vor Weihnachten teilte das Gesundheitsamt Frau Bembomah mit, sie sei HIV-positiv. Zusätzlich klärte man sie über künftige Verhaltensmaßregeln nach §34 des Bundesseuchengesetzes (gültig nur in Bayern) auf. Die Ghaneserin ließ daraufhin nochmals zusammen mit ihrem Verlobten einen Test durchführen, diesmal bei einem anderen Arzt.

Bevor jedoch das Ergebnis eintraf, erfuhr das Paar, daß Frau Bembomah schwanger sei. „Ohne eine neuerliche Untersuchung“, so Fritz Hertle, „diagnostizierte“ dieser eine HIV 1 und HIV 2-Infektion und riet der Verunsicherten Frau zu einem Schwangerschaftsabbruch. Diesem stimmte sie schließlich zu, er wurde für den 8.Februar geplant.

Drei Tage vor dem Abbruchtermin, gerade noch rechtzeitig, erfuhren Frau Bembomah und ihr Freund, daß der letzte HIV-Test negativ ausgefallen war. Die Grünen und Frau Bembomah, die bereits Strafanzeige erstattet haben, fordern nun, „politische Konsequenzen“. Fritz Hertler: „Es muß eine Überprüfung des Gesundheitsamtes durch den Sozialminister stattfinden, zusätzlich fordern wir den Rücktritt des Landrates. Aber vor allem hat Frau Bembomah Anspruch auf Widerherstellung ihrer Persönlichkeitsrechte.“ Die Grünen im Hessischen Landtag haben ein Aktuelle Stunde zu den Vorfällen beantragt.