Demonstrationen haben Konjunktur

■ Israelis aller Schattierungen gingen am Samstag für oder gegen den Shultz-Besuch auf die Straße / Weder die radikale Siedlerbewegung noch Friedensgruppen fehlten

Jerusalem (taz) – „Um der Heiligkeit des Bodens und des heiligen Landes Willen darf man nicht auf einem Groß-Israel bestehen!“ Frenetischer Beifall für David Geiger von Netivot Shalom, der religiösen Friedensbewegung in Israel. Tausende sind am Samstag kurz nach Ende des Sabbat in Jerusalem zusammengekommen. „Verhandeln jetzt“, „Die besetzten Gebiete zerstören Israel“, fordern die Plakate der Demonstranten von Peace Now.

In einem offenen Brief an George Shultz unterstützen die Demonstranten den Friedensplan des US-Außenministers. „Wir möchten, daß sie wissen, daß Peace Now die Mehrheit in Israel und unter der Juden der Welt repräsentiert, die einen gerechten und dauernden Frieden im Nahen Osten verlangen“, heißt es optimistisch. Und: „Eine notwendige Voraussetzung für jede Lösung ist, daß die israelische Regierung das Prinzip Land gegen Frieden akzeptiert.“

Offen kritisiert Peace Now die Weigerung von Palästinensern, sich mit Shultz zu treffen. „Erlauben sie nicht den Friedensgegnern auf beiden Seiten eine Unterminierung ihrer Mission!“. Kibbutzniks, religiöse Friedensbewegte und Linke aus der Arbeiterpartei haben sich versammelt. Die radikale Friedensbewegung fehlt. Siebenundzwanzig Gruppen hatten am Donnerstag eine Koalition gegen die Besatzung der Westbank und des Gaza-Streifens gebildet. Peace Now war als einzige nicht dabei.

Demonstrationen überall: Am Freitag versammelten sich schwarzgekleidete Frauen für ein Ende der Besatzung nahe der großen Synagoge, ein paar hundert Meter weiter demonstrierten Kriegsdienstverweigerer von Jesh Gvul (Es gibt eine Grenze). Die rechte Siedlerbewegung Gush Emunim und Kollegen trafen sich zur Unterstützung von Premierminister Shamir in der Jabotinsky-Straße, und die extremistische Kaach von Meir Kahane ist sowieso überall dabei.

Bei Peace Now, die die mit Abstand meisten Menschen zusammenbrachte, ertönt zum Abschluß die israelische Nationalhymne. Flaggen mit dem Davidstern werden hochgehalten. Da singen sogar die schwerbewaffneten Sicherheitskräfte mit. Klaus Hillenbrand