Ungesühnt

■ Zum Freispruch im Frankfurter Sare–Prozeß

Nach einem fairen Prozeß hat ein unabhängiges Gericht die beiden Polizisten, die angeklagt waren, im September 1985 den Demonstranten Günter Sare fahrlässig getötet zu haben, freigesprochen. Der Rechtsgrundsatz: „Im Zweifel für den/die Angeklagten“ wurde von diesem Gericht respektiert - im Gegensatz zu anderen Verfahren, in denen auf der Grundlage windiger Indizien existenzvernichtende Urteile gefällt wurden, wie etwa in zahlreichen sogenannten Terroristenprozessen. Letztes Beispiel für den auch praktizierten „Rechtsgrundsatz Zweierlei Maß“ war die Verurteilung von Monika Weimar zu lebenslanger Haft. Doch das böse Wort von der „Gesinnungsjustiz“, die - „auf dem rechten Auge blind“ - wieder einmal „Killer“ in Uniform in die Freiheit entlassen habe, trifft auf die Richter, die das Urteil im Sare–Prozeß gesprochen haben, nicht zu. Der Tod von Günter Sare bleibt ungesühnt, weil sich Zeugen der Tat widersprachen und weil von den Experten nachvollziehbare Zweifel daran geäußert wurden, ob der Mann in den Wasserwerferfontainen auf dem Tatfoto Günter Sare war: Die Fahrlässigkeit der Tötungshandlung konnte der Wasserwerferbesatzung nicht nachgewiesen werden, denn ob die Angeklagten den Demonstranten Sare gesehen haben oder nicht, bleibt ihr Geheimnis. Zweifelsfrei dagegen hat der Prozeß erwiesen, daß Polizisten mit einem Wasserwerfer der „neuen Generation“ einen Demonstranten töteten. „Unfälle“ dieser Art sind keine „normalen“ Verkehrsunfälle, sondern Exzesse einer Einsatzstrategie, die nur als brutal und unverhältnismäßig bezeichnet werden kann. Günther Sare wurde ein Opfer dieser Polizeistrategie, die es zuließ, daß „Einsatzkräfte“ mit einem Mammut–Wasserwerfer bedenkenlos gegen eine Menschenmenge gehetzt wurden. Die Verantwortlichen für diese Einsatzstrategien saßen bislang auf keiner Anklagebank. Klaus–Peter Klingelschmitt