Grenzüberschreitender Verkehr

■ Die internationale Zusammenarbeit der Geningenieure umgeht nationale Hemmnisse / EG–Recht soll bald über nationalen Genehmigungsbehörden stehen

Am 24.Oktober 1987 legten Virologen der Universität Liege 250 Hühnerköpfe auf einem 600 Hektar großen militärischen Sperrgebiet in der Nähe des belgischen Städtchens Marche aus. Die Köpfe enthielten eine Aluminium–Kapsel mit gentechnisch manipulierten Viren. Mit dem Experiment sollen Füchse gegen Tollwut „geimpft“ werden. In die Viren ist ein Gen eingebaut, das für die Produktion des Hüll–Proteins des Tollwut–Virus verantwortlich ist. Das Immunsystem der Füchse soll dadurch angeregt werden, Anti–Körper gegen das eigentliche Tollwut–Virus zu bilden. An dem Versuch waren auch Institute aus Frankreich und den USA (Wistar– Institut, Philadelphia) beteiligt. Schon 1986 ist in Argentinien ein neues gentechnisch erzeugtes Virus gegen Rinder–Tollwut vom Wistar–Institut getestet worden. Wie die taz berichtet hatte (1.2.88), ging das Experiment schief. Gründlich. Das Virus geriet außer Kontrolle und wurde auch auf die Melker der Kühe übertragen. Beide Fälle zeigen, daß Institute wie Wistar notfalls auch ins Ausland ausweichen, um Versuche durchzuführen, die im eigenen Land nicht zu genehmigen sind. Und die deutschen Gen–Forscher? Frau Süssmuths Experte für Rechtsfragen in der Gentechnik, G.Schubert, hat mit gemischten Gefühlen registriert, daß sich deutsche Unternehmen verstärkt in ausländische Firmen eingekauft haben. Sollten sie Freisetzungen im Ausland vornehmen, sei dies nur „sehr schwer zu beeinflussen“. Dann sei ausschließlich das Recht und Gesetz des dortigen Landes zuständig. Schubert kennt das Beispiel Argentinien. Das Problem stelle sich aber schon in Belgien oder Frankreich, weshalb eine EG–einheitliche Regelung anzustreben sei. Die angestrebte und in ihren Konturen bereits sichtbare EG–Regelung wird allerdings wenig restriktiv ausfallen. Schubert bezeichnete die geplanten Entscheidungsstrukturen als „völlig neu im EG– Recht“. Über Freisetzungen soll demnach in letzter Konsequenz die EG–Kommission entscheiden, die sich zuvor über Zweck, Bestimmung, Dauer, Risiken und Alarmpläne(!) der Freisetzung schlau gemacht hat. Die Kommission soll, wie aus den bisher bekannt gewordenen Planungen hervorgeht, auch gegenüber den nationalen Zulassungsbehörden Weisungsrecht haben. Im übrigen gilt, wie es in einem Papier des Gesundheitsministeriums heißt: „Überzogene Sicherheitsanforderungen zur Gen– Technik im EG–Bereich würden die deutsche und darüber hinaus die europäische Forschung und Industrie insbesondere gegenüber Konkurrenten in den USA und Japan benachteiligen“. GID/–man