I N T E R V I E W „Möglicherweise etwas vorschnell“

■ Der Fraktionssprecher der Grünen, Helmut Lippelt, zu den Auseinandersetzungen um die Nahost–Debatte

taz: Ihre Fraktionssprecher– Kollegin Vennegerts hat Dietrich Wetzel wegen seiner Kritik an der von den Grünen initiierten Nahost–Debatte der Unkenntnis parlamentarischer Gepflogenheiten gescholten. Die Debatte sei entgegen seiner Behauptung aufgrund innerfraktionellen Einverständnisses zustandegekommen. Stimmt die Kritik? Helmut Lippelt: Ja. Dietrich Wetzel hat natürlich zu seiner vehementen Intervention auf der Fraktionssitzung alles Recht gehabt. Wetzel ist allerdings an diesem Punkt außerordentlich engagiert. So engagiert, daß er gelegentlich sich schon zu Bildern emporschwingt, die den Bezug zur Realität verlieren. Damit meine ich das Bild Allianz von CDU und Grünen. Zur Genesis des Beschlusses: Aus technischen Gründen müssen wir in der Vorstandssitzung die Aktuellen Stunden festlegen. Dabei wurde möglicherweise etwas vorschnell unter dem Eindruck der letzten Entwicklung in den besetzten Gebieten die Entscheidung zu einer Aktuellen Stunde nicht ganz ausdiskutiert, sich aber durchaus dem Problem gestellt, daß aus Gründen unserer Vergangenheit dieses Thema besonders kompliziert zu behandeln ist. Ist es nicht naiv gewesen, eine Aktuelle Stunde zu beantragen, wo jede Fraktion dann fünf oder zehn Minuten reden darf? Deshalb haben wir ja dann am Tag darauf in der AG Außenpolitik nochmal darüber diskutiert und versucht, einverständlich mit allen Fraktionen eine Debatte anzusetzen. Wir haben doch kein Bündnis mit der CDU gesucht, sondern insbesondere die Unterstützung der FDP erhalten. Die SPD ist zurückhaltend bei diesem Thema. Finden Sie denn nicht auch, daß Wetzels Einwände gegen den Ort, an dem über die Nahost–Problematik diskutiert werden soll, Gewicht haben? Natürlich. Nur bleibt trotzdem die Frage, ob die Charakterisierung beispielsweise der CDU als Sammelbecken der Altnazis richtig ist. Bezogen auf die Kontinuität hat er ja recht. Die Frage bleibt: Macht diese Kontinuität den Bundestag zum heutigen Datum noch ungeeignet? Ich denke Dietrich Wetzel macht es sich mit seinen Pauschalitäten zu leicht. Sind sie sich eigentlich bewußt darüber, daß der Bundestag das erste Parlament in Europa ist, in dem darüber debattiert wird? Das weiß ich. Ich denke, die angemessene Sprache für diese Debatte zu finden, ist eine Probe für uns und für die anderen. Interview: mtm