: Im Brandfall nicht beherrschbar
■ Hochgefährliche Stoffe werden in der Giftgasfirma Detia dicht beieinander gelagert / Ein eventueller Unfall wäre nicht zu beherrschen, da für die verschiedenen Gifte gegensätzliche Löschmaßnahmen nötig wären
Aus Weinheim Rolf Gramm
Die Firma Detia–Freyberg im nordbadischen Laudenbach bläst nicht nur kiloweise Giftgas in die Luft der Bergstraße (vgl. taz vom 15.2.88), Art und die Menge der auf ihrem Gelände gelagerten Gifte machen es auch völlig unmöglich, einen eventuellen Unfall zu beherrschen. Nachdem Mitglieder der baden–württembergischen Grünen die Möglichkeit hatten, einen öffentlich nicht zugäng lichen Einsatzplan der Feuerwehr einzusehen, fordern sie jetzt die Einstellung des Firmen–Betriebs, bis eine unabhängige Expertenkommission die dortigen Sicherheitsbedingungen überprüft hat. Wie der grüne Chemieprofessor Dr. Jürgen Rochlitz gestern gegenüber Journalisten erklärte, geht aus dem Einsatzplan hervor, daß auf dem Firmen–Gelände neben dem bislang bekannten Aluminiumphosphid (aus dem bei Berührung mit Wasser das Giftgas Phosphin entsteht) weitere hochgefährliche Stoffe lagern: Es handelt sich dabei um mindestens 10 Kilogramm Blausäure (Zyklon) und 28 Tonnen Methylbromid. Beide Giftgase sind unter den Bezeichnungen Zyklon, Cyanosil, Detia–Gas–Ex–M und Haltox Verkaufsprodukte der Detia. Blausäure wurde von den Nazis beim Holocaust an der jüdischen Bevölkerung eingesetzt. Das Nervengift Metylbromid wird von Toxikologen als einer der toxischsten und heimtückischsten Halogenkohlenwasserstoffe betrachtet. Bereits in den 60er Jahren wurde nach zahlreichen tödlichen Vergiftungsfällen mit diesem Stoff dessen Verbot diskutiert. Das Gift, das über die Haut aufgenommen wird und selbst Gummi durchdringt, gilt als erbgutverändernd und krebserregend. „Daß alle diese hochgefährlichen Stoffe zumindest während der Reaktionszeit gemeinsam vorliegen, macht einen Brandfall bei der Detia selbst bei Beachtung aller Vorschriften völlig unbeherrschbar“, erklärte Rochlitz gegenüber der taz, „die für die verschiedenen Stoffe erforderlichen Löschmaßnahmen sind schlicht unvereinbar.“ Während ein Teil der Gifte nämlich nur mit Wasser gelöscht werden kann, dürfen andere mit Wasser auf keinen Fall in Berührung kommen. Außerdem werden sie in großer Nähe zueinander gelagert. Die Feuerwehren seien über die Lagermengen der verschiedenen Stoffe in den einzelnen Betriebsteilen nicht unterrichtet und besitzen nicht einmal die notwendigen Schutzausrüstungen. Die Grünen wollen die Zustände bei Detia in der nächsten Woche sowohl im baden–württembergischen Landtag als auch im Umweltausschuß des Bundestags zur Sprache bringen.
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