Weiter wie immer?

■ Zur taz - nach zwei Tagen Streik

„Nimm doch Österreich auf die Seite eins und alles, was jetzt noch zum Frauenstreik reinkommt, auf die Zwei“, sagt gerade jemand im Zimmer der „Aktuellen“–Redaktion (Seiten eins bis sieben). Manche, die seit langem in der Redaktionsarbeit zu tun haben, sind offenbar heilfroh, daß sie wieder über NUKEM, Weizsäcker, Weltbank und DGB reden können. Manche werden sicher ihre Bürotür schließen und die zwei Tage Streik mit den üblichen Witzen über die taz–Frauen psychisch abarbeiten. Und dann gibt es natürlich auch einige Tazler, die auf dem Feuer, das die Frauen uns gemacht haben, am liebsten sofort ihr eigenes Süppchen kochen wollen. Der eine oder andere soll vor den Ticker–Automaten der Nachrichtenagenturen mit wehmütigem Blick gesehen worden sein. Zwei Tage lang ratterten die kostbaren, abgewogenen, nachrichtlich wichtigen Welt– und Deutschlandnachrichten ins Leere! Einmal, abends, war gar kein Redakteur der ersten sieben Seiten mehr da. Es war ja Streik. Da liefen die Agenturticker einfach meterweise aus den Apparaten und falteten sich zierlich auf dem Fußboden. Dann wiederum sieht es auf den Gängen in der Berliner taz so aus, als würden, wenigstens für ein paar Tage, plötzlich Leute miteinander streiten, die lange Zeit nicht einmal miteinander reden konnten. Ein Spiegel–Mann lobt die taz: „Auflagenmäßig ist das doch großartig!“ Selektive Wahrnehmung und Berufszynismus wachsen bei Medienmenschen mit dem Aufstieg auf der sozialen Leiter. Denn von weniger mächtigen Medien als dem Spiegel hört man gerüchteweise von anderen Reaktionen: „Wann macht Ihr denn endlich wieder eine richtige Zeitung?“ Wichtig wäre für die taz jetzt nicht nur, ob sich zukünftig hier etwas ändert zwischen Männern und Frauen. Wichtig für alle „Redaktionellen“ des Blatts wäre auch, wie weit unsere Entfremdung schon fortgeschritten ist. Klaus Nothnagel