Wieder Tote im Städtekrieg

■ Irak nimmt den Beschuß iranischer Städte wieder auf / Sieben Boden–Boden–Raketen auf Teheran / Vergeltung für iranische Offensiven e

Aus Manama William Hart

Montag nacht hat Irak nach zweitägiger Pause den mörderischen Städtekrieg wiederaufgenommen. Innerhalb weniger Stunden schlugen sieben Boden–Boden– Raketen in Teheran ein. Während Iran von mindestens 20 Toten sprach, hieß es auch in Bagdad, bei zwei iranischen Raketenangriffen und dem Artilleriebeschuß von Grenzstädten seien Zivilisten, auch Frauen und Kinder, getötet oder verwundet worden. Offiziell verbreitete Bagdad, mit Artillerieangriffen auf das kurdische Provinzstädtchen Halabja habe Iran den informellen Waffenstillstand im Städtekrieg vom vergangenen Freitag gebrochen. Der Irak hat jedoch mit der Wiederaufnahme des Städtekrieges auf iranische Angriffe in Irakisch–Kurdistan reagiert. Innerhalb von 24 Stunden meldete Teheran zwei mittelgroße Vorstöße nahe der heimlichen Kurdenstadt Suleimaniyeh. Dabei sollen die iranischen Streitkräfte gemeinsam mit den Pishmerga, der Patriotischen Union Kurdistans (PUK), irakische Stellungen überrannt haben. Die Geländegewinne nordöstlich von Suleimaniyeh reichen zwar nicht, um Iraks Ölförderung oder gar den Ölexport zu gefährden. Aber es ist den iranischen Verbänden offenbar gelungen, weitere irakische Gebiete zu besetzen. Fortsetzung auf Seite 2 Erst in den kommenden Tagen wird sich zeigen, ob die iranischen Offensiven vor allem zur Unterstützung der irakischen Kurden gedacht waren oder ob es sich um den Auftakt für mehrere mittelgroße Angriffe handelt, mit denen der Abnutzungskrieg gegen Irak an der Landfront weitergeführt werden soll. Um Ablenkungsangriffe für eine neue Großoffensive im Südirak handelt es sich vermutlich nicht, denn die klimatischen Bedingungen für diese bereits Anfang November vergangenen Jahres angekündigte „entscheidende Offensive“ werden immer ungünstiger. Nach wie vor ist damit zu rechnen, daß Iran in diesem Jahr erstmals keinen Großangriff während der Wintersaison startet. Wahrscheinlicher ist es, daß mit dezentralen Attacken den irakischen Luft– und Raketenangriffen etwas entgegengesetzt werden soll. Da der Raketenvorrat Irans nahezu aufgebraucht zu sein scheint, und die iranische Luftwaffe die Wohnviertel der irakischen Millionenstädte nur selten erreichen kann, beabsichtigt Irak offensichtlich, auf jeden iranischen Angriff mit einer Eskalation des Städtekriegs zu reagieren. Das war in Bagdad bereits am Donnerstag vergangener Woche angekündigt worden. Iraks offizielles Ziel bei diesen Angriffen ist, Iran einen Waffenstillstand im Krieg aufzuzwingen. Die iranische Antwort auf Bombardierungen von Wohngebieten haben in den vergangenen Jahren jedoch gezeigt, daß Iran jeweils mit einer Verhärtung reagiert hat. Dies muß in Bagdad bekannt sein. Von daher besteht auch die Möglichkeit, daß Irak den Kriegsgegner zu einer Intensivierung der Kämpfe verleiten will. Vor dem Hintergrund des schwachen Dollars und der gefallenen Ölpreise scheint sich die Führung in Bagdad wieder Hoffnungen zu machen, den Krieg doch noch gewinnen zu können oder aber den Gegner so zu schwächen, daß das Regime der Mullahs zusammenbricht. Beides ist jedoch sehr unwahrscheinlich.