Obhut ade

■ Degussas Ausstieg aus der NUKEM

Die Frankfurter Degussa AG hat die Schnauze voll. Als Krisenmanager war sie noch vor Wochen gefeiert worden. Die noble hessische Firma sollte die NUKEM und ihre skandalöse Tochter Transnuklear in die unternehmerische Obhut nehmen und aus dem Hanauer Sumpf zur „erbarmungslosen Rechtmäßigkeit“ zurückführen. Das wurde der Öffentlichkeit als Lösung der Hanauer Krise verkauft. Und niemand hat gelacht. Jetzt geht der „Lotse“ (Degussa über Degussa) von Bord. Degussa war von Beginn an nur eine Strohfirma. Im Hanauer Atomdorf haben zwei Firmen das Sagen: Die RWE und Siemens, die sich bisher gekonnt und dezent zurückhielten. Sie halten die Hauptanteile von NUKEM, ALKEM, RBU und dem Rest–Sumpf. Degussa wurde als Nicht–Atomfirma vorgeschickt, um die Kohlen aus dem Feuer zu holen. Offenbar hat die Firma das inzwischen kapiert und verspürt nur noch geringe Lust, sich ihren angeschlagenen Ruf weiter ruinieren zu lassen. Was aus den Hanauer Untiefen noch alles ans Tageslicht gezerrt wird, läßt sich nämlich nur schwer abschätzen, zumal der Atomschmiede drei parlamentarische Ausschüsse, etliche Staatsanwälte und ein Rudel Journalisten im Nacken sitzen. Schließlich wird der Neubau der NUKEM auch noch empfindlich teurer als vorgesehen. Es gibt also viele Gründe auszusteigen. Mit dem Abschied der Degussa rücken endlich jene Firmen in den Mittelpunkt, die dort auch hingehören: RWE und Siemens. Im organisierten Verbrechen heißen solche Hintermänner „Paten“. Übernimmt man die Terminologie dieses Genres, erhält man auch für die Gesamtheit der Hanauer Betriebe ein passendes Wort: der Mob. Manfred Kriener